Special: TOT ODER LEBENDIG? - 3# Christian Slater



Würde man wirklich einen Schritt zu weit in die falsche Richtung wagen, wenn man Christian Slater – natürlich rein auf seine Selbstpräsentation als mediale Persönlichkeit - als 'durchschnittlichen Typen von Nebenan' tituliert? Beobachtet man primär sein Antlitz etwas ausgiebiger, seine Augenbrauen, die sich immer wieder zu einem frechen V formieren und der daraus resultierende Blick, der eine leise, auch wenn es paradox klingen mag, kindliche Diabolik ausstrahlt, dann stellt man eigentlich relativ schnell fest, dass dieser Christian Slater irgendetwas Besonderes, etwas Einprägsames in seiner Ausstrahlung beherbergt. In seinem Konterfei nämlich tragen ein unschuldiges und ein durchtriebenes Ich einen Kampf auf die Ewigkeit aus. Schade, dass Slater als Schauspieler nie mit einer derartig plastischen Dualität auffahren respektive sich diese Eigenschaft wirklich zu Gebrauch machen konnte, um diese seine Rollen, waren sie denn dann einmal von psychologischer Relevanz gestrickt, förderlich zuzuordnen.


Der junge Slater als Novize in "Der Name der Rose"
Nein, als Schauspieler, als Künstler, wenn man so möchte, ist das Wort 'Durchschnitt' in Bezug auf Slaters Œuvre oftmals noch äußerst milde formuliert. Gleichwohl ist es wirklich nicht angebracht, die Qualität seiner Karriere mit einer solch schmälernden Begrifflichkeit über seinen Kamm zu scheren, denn auch ein Christian Slater durfte filmische Erfolge feiern, wenngleich er nicht unbedingt Grund für diese war, hat sein Name doch immer wieder in Relation mit seinen äußerst limitierten schauspielerischen Mitteln die Runde gemacht. Aber gehen wir doch einmal zurück auf Anfang und nähern uns Christian Slater und seiner Filmografie gleich mal mit einem echten Knüller: In Jean-Jacques Annauds atmosphärischer Literaturverfilmung „Der Name der Rose“ machte Slater als Novize Adson von Melk an der Seite vom großen Sean Connery zum ersten Mal auf sich aufmerksam, in dem er durch eine angenehm zurückhaltende, aber zu keiner Zeit schläfrige Performance dem unerfahrenen Lehrling ein passendes Gesicht verlieh und neben seinem gestandenen Kollegen keinesfalls durchfiel.


Zwei Frauenschwärme vereint, zu einer besseren Zeit
Danach folgten die von der Kritik ebenfalls überwiegend positiv aufgenommenen „Lethal Attraction“ (a.k.a. „Heathers“), der Kassenknüller „Robin Hood – König der Diebe“, „Star Trek VI: Das unentdeckte Land“, „True Romance“, Interview mit einem Vampir“ und das Gefängnis-Drama „Murder in the First“. Dass Slater im Großteil dieser Filme eine nicht unbedingt tragende Rolle übernommen hat, erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass es ihm eben nicht vergönnt war, einen Film durch eigene Kraft zu tragen und er so dazu prädestiniert war, die Fäden aus der zweiten Reihe zu ziehen, ob als integrer Anwalt oder als aufmüpfiger Jüngling. Die 1990er Jahre waren natürlich zweifelsohne die Sternstunden Slaters, hatte er mit diesen sechs Werken doch einen ansprechenden Grundstein gelegt, den er mit „Operation: Broken Arrow“, „Hard Rain“ und dem zynischen Ulk „Very Bad Things“, in dem er extrovertiert wie nie ausspielen durfte, weiter betonierte. Im neuen Millenium aber wollte es, wie bei so vielen Darstellern, nicht mehr so recht klappen. Ob „Crime is King“, „Windtalkers“, „Masked and Anonymous“ oder „Mindhunters“: Slater war durch, seine Filmwahl, obgleich es zusprechende Stimmen gab, ebenfalls.


Inzwischen wurde auch Christian Slater vom DTV-Markt verspeist und zu einer leblosen Marionette der billigen Fließbandarbeit degradiert. Er wirkte in „Hollow Man 2“ mit, partizipierte mit Uwe Boll bei „Alone in the Dark“ und durfte sich noch so richtig in „Dolan's Cadillac“ zum Affen machen. Gute Auftritte, wie zum Beispiel in „Amok – He Was a Quiet Man“ sind Mangelware, Slater geht es nur noch um das schnelle Geld. Wenn dann schon mal wieder gute Angebote auf seinem Schreibtisch landen, ob in Serien oder auch von Lars von Trier, der ihm eine Rolle in „Nymph()maniac“ gegeben hat (ausgerechnet die schwächste, weil plakativste Episode), dann weiß er dem nichts wirklich entgegenzusetzen. Er bleibt der Durchschnittstyp. Und doch ist der Schwerenöter und Draufgänger (seine privaten Eskapaden sind weitreichend bekannt) irgendwie sympathisch, denn seine Augen verraten uns nach wie vor etwas Schelmisches, etwas Spitzbübisches, etwas Ehrliches. Doch auch das wird seine Karriere nicht mehr retten. 

von souli

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