Review: JOHN WICK: KAPITEL 2 - Der grimmige Profikiller ist böse wie eh und je

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Fakten:
John Wick: Kapitel 2 (John Wick: Chapter 2)
US, 2017. Regie: Chad Stahelski. Buch: Derek Kolstad. Mit: Keanu Reeves, Ian McShane, Laurence Fishburne, Common, Ruby Rose, Peter Stormare, John Leguizamo, Franco Nero u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Seit dem 27. Juni 2017 auf DVD, Blu-ray und 4K Ultra HD erhältlich.


Story:
Nach seinem letzten persönlichen Rachefeldzug wollte sich der Ex-Profikiller John Wick endlich endgültig zur Ruhe setzen und seinem alten Leben vollständig den Rücken kehren. Das plötzliche Auftauchen eines früheren Kollegen macht dem angepeilten Ruhestand aber wieder einen Strich durch die Rechnung. Wick soll für ihn einen Mordanschlag in Rom erledigen, den er aufgrund eines Blutschwurs umgehend auszuführen hat. Bei dem Opfer handelt es sich jedoch um die Schwester des Ex-Kollegen, zu der Wick ebenfalls eine persönliche Bindung pflegt…





Meinung:
Das Wichtigste zuerst: Der Hund ist auch am Ende von „John Wick: Kapitel 2“ noch wohlauf. Ganz so unbeschadet kommt sein Herrchen dabei nicht aus der Affäre, denn als ein alter Bekannter an seiner Haustür klingelt, wird John Wick abermals in das Leben zurückgeworfen, welches er eigentlich längst hinter sich lassen wollte.


Mit John Wick ist wieder nicht zu spaßen
Eine mit seinem eigenen Blut besiegelte Schuldmünze sorgt dafür, dass der titelgebende Protagonist nach Rom reisen muss, wo er die Schwester eines Ex-Kollegen ermorden soll, damit dieser eine machtvolle Position in einem hohen Zirkel des organisierten Verbrechens einnehmen kann, die eigentlich seiner Schwester versprochen war. Der vom Rest der Handlung losgelöste Einstieg, in dem Wick eine offene Rechnung aus dem ersten Teil begleicht, erhebt den chronisch schlecht gelaunten Profikiller gleichzeitig noch markanter als zuvor zur mystischen Ikone. Den zahlreichen beeindruckenden wie erschreckenden Erzählungen und Gerüchte, die sich um dessen Person ranken, verleiht Regisseur Chad Stahelski, der das Sequel im Gegensatz zum Vorgänger ohne Co-Regisseur David Leitch inszenierte, mit einer Parallelmontage Nachdruck, in der Wick in gewohnter Manier Knochen bricht und Körper mit Kugeln durchsiebt, während er sich einen Weg zu seinem 1969er Mustang bahnt. Nach dem furiosen Auftakt dauert es jedoch erstmal eine Weile, bis Stahelski seinen zweiten Teil in jenen spektakulär choreographierten Rausch der Schüsse, Stiche, Schläge und Tritte einbettet, der „John Wick“ vor gut drei Jahren zum Siegeszug an den Kinokassen führte und die Herzen von Actionfans auf nachvollziehbare Weise höher schlagen ließ.


An ihm beißt sich der Protagonist ganz schön die Zähne aus
Im Vergleich zu Teil 1, in dem Wick aufgrund eines persönlich motivierten Rachefeldzugs durch die überwiegend gesichtslosen Gegnerhorden wütete, widmet sich Drehbuchautor Derek Kolstad im Nachfolger ausführlicher den Mechanismen und Hintergründen der geheimnisvollen Auftragskiller-Organisation, welcher der Protagonist entstammt. Die Räumlichkeiten der Continental-Hotels, in denen sich ausschließlich Profikiller aufhalten, die sich zudem einem genauen Regelkodex unterwerfen müssen, nutzen Stahelski und Kolstad schließlich dazu, die dezent trockenhumorigen Elemente des Vorgängers in Regionen zu treiben, in denen die Absurdität des selbst auferlegten Regelwerks zu Momenten reinster Selbstironie führt. Diese schmale Gratwanderung zwischen bitterem Ernst und augenzwinkernder Verspieltheit ist es dann auch, die Wick in ein chaotisches Geflecht aus Bringschuld, Selbstverpflichtung und Vertrauensschwüren verwickelt, aus dem er sich erneut nur durch die Flucht nach vorne und den erbarmungslosen Frontalangriff befreien kann. Das dramaturgisch eher schlichte Handlungsprinzip, in dem Wick als stoisch-grimmiger Todesengel diesmal praktisch unzerstörbar ist, löst der Regisseur spätestens ab der zweiten Hälfte in einen beinahe pausenlosen Reigen von Action-Sequenzen auf.


Dabei bewahrt Stahelski im waghalsigen Dauerinferno der blutigen Kopfschüsse, fokussierten Martial-Arts-Manöver und atemlosen Verfolgungsjagden zu Fuß oder in Fahrzeugen jederzeit den vollen Überblick und sichert sich mit einer unwiderstehlichen Mischung aus druckvoller Brutalität, geradezu eleganten Bewegungsabläufen und audiovisueller Verlockung die derzeitige Krone im amerikanischen Genre-Sektor. Durch den stärkeren Fokus auf die internen Regeln und Abläufe innerhalb der Auftragskiller-Organisation erhält „John Wick: Kapitel 2“ zudem den Eindruck eines Blicks hinter die Kulissen einer faszinierenden Parallelwelt, in der sich geheimnisvolle, tödliche Aktionen unter der Oberfläche, in unterirdischen Tunnelsystemen, verborgenen Hintereingängen und direkt vor den eigenen Augen, aber hinter dem Offensichtlichen ereignen. In der brillanten finalen Auseinandersetzung scheint der Film schließlich vollständig jeglicher Grenzen enthoben, wenn sämtliche Parteien in einem surreal ausgeleuchteten Spiegelkabinett aufeinanderprallen, in dem die sinnliche Logik über die rationale Logik dominiert. Der unnötig angehaftete Prolog für Teil 3 scheint da nur mehr eine überflüssige Zugabe zu sein, welcher aber aufgrund des etablierten Szenarios und unter Berücksichtigung der in Teil 2 erneut souverän dargebotenen Qualitäten gewiss nicht ohne Reiz wäre.


7 von 10 Bleistifte im Ohr

DIE MUMIE - Totgeburt

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Fakten:
Die Mumie (The Mummy)
USA, UK. 2017. Regie: Alex Kurtzman. Buch: David Koepp, Alex Kurtzman, xxx. Mit: Tom Cruise, Annabelle Wallis, Sophie Boutella, Russell Crowe, Jake Johnson, Courtney B. Vance u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Eine einst mächtige Königin wird in unserer heutigen Zeit zu neuem Leben erweckt. Vor Jahrhunderten von Jahren wurde sie in einer Gruft tief unter der Wüste begraben. Damals wurde sie zu Unrecht ihrer Bestimmung beraubt – und nun übersteigen ihre unermesslich gewachsene Bosheit und zerstörerische Wut jede menschliche Vorstellungskraft…




Meinung:
Bereits mit I, Frankenstein sowie Dracula Untold wurde versucht die klassischen Universal Monster neu zu definieren und ein neues, eigenes cineastisches Universum zu beginnen. Beide Filme erlitten nicht nur bei der Kritik Schiffbruch. Nun soll es Die Mumie richten, die bereits Ende der 1990er in einem Reboot für volle Kassen sorgte. Statt Brendan Fraser und Rachel Weisz legen sich nun Tom Cruise und Annabelle Wallis mit ägyptischen Untoten an und wie in den 0ern bei Regisseur Stephen Sommers ist auch die aktuelle Neuauflage recht weit entfernt vom Originalfilm mit Boris Karloff, denn Horror sucht man in Die Mumie von Regisseur und Autor Alex Kurtzman mit der Lupe.


Nun gut, es gibt viele Szenen in denen Untote den Lebenden nachstellen, doch dank es Schnitts und der allgemeinen Fokussierung darauf Spektakel zu erschaffen, erweisen sich die finstere Angriffe höchstens als kleine Intermezzos, die zwar durchaus zum stärksten gehören, was der Film zu bieten hat, gleichsam stehen sie auf verlorenen Posten. Die Mumie ist so wenig daran interessiert Schauer tu evozieren, dass der Vorwurf berechtigt erscheint, dass die Macher wenig bis gar nichts mit der eigentlichen Vorlage anzufangen wussten. Viel mehr ist Kurtzmans Film ein algorithmischer Blockbuster, der mit dem Taschenrechner aber nicht mit dem Verstand und dem Herz entstanden ist: Hier nun etwas Action, dann kommt die Romantik gefolgt von etwas Witz und dann bleibt noch Zeit für den einen oder anderen halbherzigen Gruselmoment. So generisch, so vergessenswert – auch weil keiner dieser Teilaspekte wirklich befriedigend umgesetzt wird.


Die Romanze zwischen Cruise und Wallis ist z.B. so dermaßen seelenlos und verzichtbar, dass recht schnell die Frage aufkommt, ob es dem Film nicht gut getan hätte, wenn man diese ausgelassen hätte. Zwar dauert Die Mumie nicht einmal zwei Stunden, was für heutige Blockbuster durchaus ungewöhnlich ist, dadurch dass sich das Meiste aber nicht rund anfühlt zieht er sich in manchen Sektionen aber dennoch deutlich. Dafür zeigt die Produktion in den ersten zehn Minuten, wie ein Uncharted-Film aussehen könnte und auch ein komödiantischen Part aus John Landis American Werwolf leiht sich das Drehbuch, um Witz zu erzeugen. Allerdings werden diese Dinge plötzlich und wortlos fallen fallen gelassen und sorgen mit dafür, dass der Franchise-Start eine Totgeburt ist.

3 von 10 Spinnen im Ohr

Review: 31 - Clowns, Kettensägen, Hackenkreuze, Hänschen klein

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Fakten:
31
USA, 2016. Regie & Buch: Rob Zombie. Mit: Sheri Moon Zombie, Jeff Daniel Phillips, Meg Foster, Lawrence Hilton-Jacobs, Kevin Jackson, Malcolm McDowell, Jane Carr, Richard Brake, Judy Geeson u.a. Länge: 103 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Halloween, 1976: Fünf Wanderdarsteller werden entführt und als Beute für das sadistische Spiel 31 verwendet. Eingesperrt in eine Lagerhalle müssen sie nur 12 Stunden überleben. Leichter gesagt als getan…

                                                                                        
Meinung:
-„Was für ein Schwachsinn geht hier vor sich?“
-„Alles was ich sehe, ist ein Haufen Nichts!“

Über Rob Zombie (nur bezogen auf sein filmisches Schaffen) ließe sich bereits jetzt eine ausführliche Abhandlung schreiben. So markant, selbstbewusst und rotznäsig hat der einstige White-Zombie-Frontmann seit seinem bereits damals umstrittenen, sowohl verlachten wie (zurecht) bejubelten Regiedebüt Haus der 1000 Leichen dem oft uninspirierten Horrorfilm des neuen Jahrtausends neues Leben aus altem Blut eingehaucht. Kein One-Hit-Wonder, was er mit The Devil’s Rejects eindrucksvoll untermauerte, gefolgt von seinen beiden Halloween-Neuinterpretationen, von denen besonders der im allgemeinen Tonus verrissene zweite Teil sein bisheriges Masterpiece darstellt. Bezeichnend für Rob Zombie’s filmisches Schaffen: Ein Mann, der gerne abgründige und mutige Wege geht, keine Scheu vor Grenzüberschreitungen hat, aber immer seine Wurzeln fest im Blick. Auch, wenn er sie aufbrechen will und kann.


Menschen, Tiere, Attraktionen...und Clowns mit Kettensägen
Sein letzter Film The Lords of Salem stellte die Mainstream- und Gore-Follower erneut (und bewusst) auf eine harte Probe, beschwor er doch mit seinem abstrakten Hexensabbat die Mächte des puren Old-School-Referenz-Horrors, losgelöst von Inhalt und Anbiederung; frei, wild und unkonventionell. Theoretisch könnte man das auch über 31 sagen…aber nur, wenn man ihn auszugsweise konsumiert. An einem Stück offenbart sich eher eine diffuse Strukturlosigkeit, die keine Faszination ausübt. Reichlich Material für interessante Trailer, die zusammengefügt wirken wie eben das: Ein Flickenteppich. In seinem erprobten 70er-Ambiente führt Rob Zombie die aussterbende Hippie-Kultur in Form eines Quintetts mittels einer sonderbaren Low-Budget-Running-Man-Show für barocke, satanistisch angehauchte Witzfiguren (wie immer in vorderster Front für so was: Malcolm McDowell) zur Schlachtbank. Die müssen sich in einer scheinbar riesengroßen und schlecht beleuchteten Lagerhalle gegen allerhand brutales Clown-Gefolge zur Wehr setzen, von dem ein Großteil einem leicht merkwürdigen German-Fetisch folgen (Hakenkreuze & Hänschen klein). Es wird gesägt, gefressen und gehackt, in rüdem White-Trash-Assi-Format geflucht und gelitten, grobkörnig und grobschlächtig ins rechte, schmutzige Bild gesetzt. Mehr assoziativ als durchdacht zitiert und interpretiert Rob Zombie nicht mehr das Terror-Kino vergangener Tage, reflektiert sich maximal nur noch notdürftig selbst durch das gebrochen Licht auf schmutzigen Windschutzscheiben.


Das ist Fanservice, nichts weiter und dann muss man fragen, für welche Fans denn überhaupt. Sicher nicht für die, die unter seinen Filmen bisher immer noch den Subtext, die Inspiration, die Neuinterpretation erkannt haben. Die sehen gelangweilt dieser wilden, konfusen und belanglosen Geisterbahn ohne Schützenfest-Freigabe zu und fragen sich, wo denn bitte der Rob Zombie geblieben ist, der das Genre so liebt und ihm bisher diese Liebe wiedergegeben hat. 31 wirkt eher wie ein Film von Rob-Zombie-Fan-Boys, die ihr Gespartes zusammengeworfen haben und ihrem Idol einen Geburtstagsgrus senden. So gesehen ganz nett, wenn es denn der Fall wäre. Durch den rüden Retro-Charme natürlich irgendwo noch stilsicher, aber an der Grenze zur Selbstparodie und Ausruhen auf den Lorbeeren, die ihm vor die Füße gelegt worden. 

Rob Zombie, du kannst was – und deutlich mehr als DAS -, mach das bitte wieder. Dann sind wir wieder Freunde. LG, ein verblüffter und enttäuschter Fan.

4 von 10 zu hohen Wettquoten