Review: MONEY MONSTER – Der einfache Arbeiter im Kampf gegen ein korruptes System

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Fakten:
Money Monster
US, 2016. Regie: Jodie Foster. Buch: Alan Di Fiore, Jim Kouf, Jamie Linden. Mit: George Clooney, Julia Roberts, Jack O´Connell, Dominic West, Giancarlo Esposito, Caitriona Balfe, Condola Rashad, Greta Lee, Lenny Venito u.a. Länge: 99 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Lee Gates ist eine ausgeflippte, schillernde TV-Erscheinung. In seiner Show "Money Monster" gibt der Moderator mit flottem Mundwerk Tipps, in welche Unternehmen Zuschauer am besten ihr Geld investieren sollten. Eines Tages gelangt ein Paketzusteller in die Live-Sendung, der den Moderator als Geisel nimmt und ihm eine Sprengstoffweste umlegt. Der Mann habe durch einen Tipp des Moderators sein gesamtes Vermögen verloren und will nun Antworten, wie es zu so einem Vorfall kommen konnte...




Meinung:
In letzter Zeit gibt es häufiger Filme, die auf mal mehr, mal weniger offensichtliche Weise Kritik am bestehenden System des Kapitalismus üben. Dabei finden sich diese Vertreter in teilweise völlig verschiedenen Formen wieder. Da gab es beispielsweise den zynisch-bösen Thriller "Nightcrawler" mit Jake Gyllenhaal als perfide Medien-Bestie, die deutsche Farce "Zeit der Kannibalen" oder jüngst "The Big Short", ein wilder Ritt durch die Finanzkrise von 2008. In ihrem Film "Money Monster" wagt sich Jodie Foster, die neben ihrem Beruf als Schauspielerin schon desöfteren als Regisseurin im Film- oder TV-Bereich tätig war, ebenfalls auf diese Ebene der anklagenden Kapitalismuskritik.


So gelassen bleibt der gute George nicht mehr lange
Der Streifen ist zunächst ein hektischer Blick hinter die Kulissen einer Fernsehshow, in der ein aufgedrehter George Clooney als Moderator Lee Gates wie ein Clown vor der Kamera zum Tanzbären mutiert und seinen Zuschauern Tipps gibt, in welche Unternehmen sie am lukrativsten investieren sollten. Dass diese Art von flapsigem Investment-Entertainment ebenso schnell rapide Schattenseiten hervorbringt, führt die Regisseurin ohne große Umschweife vor Augen. "Money Monster" fackelt nicht lange, konzentriert sich nur kurz auf den anfänglichen Medien-Zirkus und setzt schnell ein Geiselnahme-Szenario in Gang, in dem Jack O´Connell den einfachen Arbeiter verkörpert, der durch einen offenbar simplen Fehler im System 60.000 Dollar verlor und nun Antworten sucht, wie so etwas möglich sein kann. Als Zielscheibe kommt dafür als erstes nur Lee in Frage, der in seiner Sendung zuvor das Unternehmen angepriesen hat, dessen Zahlen nur kurze Zeit später massiv in den Keller gingen, was zur finanziellen Katastrophe für den Paketzusteller führte.


Hier wirkt er doch schon deutlich angespannter
Als reiner Thriller, der sein Setting in Echtzeit ablaufen lässt und über knappe 100 Minuten hinweg äußerst geradlinig und kompakt auf den Punkt kommt, ist "Money Monster" überaus wirkungsvoll. Foster inszeniert ihren Film mit messerscharfen Schnitten, durch die sie die zunehmend unübersichtliche, chaotische Situation konzentriert zuspitzt, während die Kamera in flotten Bewegungen durch das Geschehen gleitet. Auch die Film-im-Film-Komponente, die durch das Element einer Live-Übertragung der Show zum Tragen kommt, nutzt die Regisseurin immer wieder gekonnt, um einzelne Szenen durch ansehnliche Kniffe zu pulsierenden Setpieces zu gestalten. Während "Money Monster" als verdichteter Echtzeit-Thriller also kurzweilige Rasanz ausstrahlt, hinterlässt die angestrebte Kapitalismuskritik innerhalb der Handlung einen eher faden Beigeschmack. Den Drehbuchautoren des Films gelingt es nicht, ein komplexes, beinahe unübersichtliches System mit zahlreichen Schuldigen anzuklagen. Stattdessen picken sie sich gegen Ende gezielt einen Schuldigen heraus, der als Sündenbock, also wahrhaftiges "Money Monster", herhalten muss und das Gesicht für die bittere, abscheuliche Seite des Kapitalismus darstellt. Durch die Handlungswendungen im letzten Drittel verstrickt sich der Film in einer Form der sehr schlichten Kategorisierung, durch die sich am Ende alles in einfachem Wohlgefallen auflöst.


Das ist bedauerlich, denn auf dem Weg dahin enthält der Streifen immer wieder satirische und durchaus schrille Einlagen, welche die übliche Dramaturgie solcher Geiselnahme-Thriller geschickt unterwandern. In einer Szene wird die schwangere Freundin des Attentäters vor die Kamera gezerrt und reagiert plötzlich auf eine denkbar unerwartete Weise. Ein herrlich böser Moment, der zum Brüllen komisch ist und zu den bissigsten Momenten des Kinojahres zählen dürfte. Dass "Money Monster" dieses Niveau an effektiven Thrills, satirischen Einlagen und ernsthafter Systemkritik zu selten stimmig miteinander kombiniert und sich zum Ende hin in seinem eigentlichen Bestreben verhebt, schadet dem Gesamteindruck eines Films, der zu viel auf einmal will und einzelne Elemente gekonnt verwendet, aber kein schlüssiges Bild entstehen lässt.


6 von 10 Sprengstoffwesten




von Pat

Review: X-MEN: APOCALYPSE - Hello again

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Fakten:
X-Men: Apocalypse
USA, 2016. Regie: Bryan Singer. Buch: Simon Kinberg, Bryan Singer, Michael Dougherty, Dan Harris. Mit: James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Oscar Isaac, Nicholas Hoult, Sophie Turner, Evan Peters, Rose Byrne, Tye Sheridan, Kodi Smit-McPhee, Lucas Till, Ben Hardy, Alexandra Shipp, Lana Condor, Hugh Jackman u.a. Länge: 144 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
1983: Zehn Jahre nach den Vorfällen im Weißen Haus sind Mutanten in der Bevölkerung immer noch mehr gefürchtet als akzeptiert. Nun muss die Menschheit wirklich zittern: Der vermutlich älteste und mächtigste Mutant „Apocalypse“ wird aus seiner Koma-ähnlichen Zwangspause in einer ägyptischen Grabkammer erweckt. Schnell scharrt er vier neue, apokalyptische Reiter um sich, um erneut die Welt zu beherrschen. Einer der Auserwählten: Der untergetauchte Erik „Magneto“ Lehnsherr, der eigentlich versuchte, sich inkognito eine „normale“ Existenz aufzubauen. Bis sein Hass auf die Menschen neu entflammt. Professor Xavier und seine Schüler sind natürlich die Einzigen, die die drohende Apokalypse noch abwänden könnten…

                                                                         
Meinung:
Ein augenscheinlich sehr banaler Moment brennt sich bei „X-Men: Apocalypse“ schon bei der Erstsichtung sofort ins Gedächtnis und sorgt bei der Nachbetrachtung für heiteren Diskussionsstoff. Ein Teil der jungen Helden kommt aus der Kinovorstellung von „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“, etwas enttäuscht, und es fällt (sinngemäß) die Aussage, dass der letzte Teil einer Trilogie immer der schwächste ist. Frage: War es Bryan Singer von Anfang an klar, das auch die Nummer drei der „zweiten“ X-Men-Trilogie nicht das Filetstück ist? Wenn ja, warum nicht intervenieren? Oder wurde diese Szene eventuell erst im Nachhinein dazu gefügt, um eine kleinlaute Entschuldigung ganz frech als ironische Selbstreflektion zu verkaufen? Wie auch immer, das ist schon leicht kurios…


Metal war ihr Schicksal...
Der selbst für einen Zeitreisefilm teilweise enorm unlogische, dafür extrem unterhaltsame Vorgänger (bei diesem Zeit-Wirrwarr nicht ganz so einfach eizuordnen) „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ (genau das…) erlaubt Bryan Singer einen selbstkreierten Persilschein. Vergesst das, was die ersten 3 Filme (die Wolverine-Solos interessieren eh niemanden) an Zusammenhängen und Ereignissen geschaffen haben, im Prinzip ist nur noch die Timeline seit „X-Men: Erste Entscheidung“ relevant, alles andere ist Schnee von gestern. An sich ganz clever vorbereitet, mit nur einem entscheidenden Problem: Das reale Publikum wurde nicht geblitzt-dingst und so offenbart der neueste Streich der überdurchschnittlich guten Reihe seine eklatante Schwäche. Er ist inhaltlich ein fast feistes Ripp-Off bereits erzählter Handlungsstränge. Etwas variiert, etwas angepasst, wie in einem (sehr durchschaubaren) Schachspiel mit anderen Figuren an anderen Stellen eingesetzt, der Spielzug bleibt gleich. Und somit für Kenner und Fans der (gesamten) Serie ernüchternd, wenn auch objektiv gesehen auch höherem Niveau als vergleichbare endlos-Adaptionen, die schon von Beginn an wenig zu bieten hatten.


"Hör auf, sie läuft schon blau an!"
Praktisch jeden Moment hat man so oder so schon seit „X-Men 2“ gesehen. Zum buchstäblichen x-ten Mal pendelt Magneto nachhaltig traumatisiert und tendenziell ambivalent zwischen Gut und Böse. Immer aus den gleichen Gründen, auch wenn er hier zumindest mal ein Kapitel theoretisch dem Erdboden gleich machen darf. Wieder droht die ultimative Schlacht zwischen „guten“ und „bösen“ Mutanten, wieder steht der Kalte Krieg als Szenario Pate (dabei diesmal nur als Statist und nicht im Ansatz so brillant in die Story involviert wie noch beim Klassenprimus „X-Men: Erste Entscheidung“), wieder wird der eigentliche Platzhirsch-Mutant enttarnt (aber das wusste wir ja schon); es ist ein als Sequel untergejubelter Remix. Ohne diese richtig großen Momente, narrativ betrachtet. Da war nur „X-Men: Der letzte Widerstand“ schwächer. Was jetzt überwiegend wie ein Verriss klingen mag, um mal die Kirche im Dorf zu lassen, ist nur ein Ausdruck der (angekündigten?) Enttäuschung, begründet auf den hohen Erwartungshaltungen. Dafür haben die (Singer & Vaughn)X-Men „zu viel“ richtig gemacht, sie als einzige Konstante im Superhelden-Overkill des letzten Jahrzehnts bestätigt. Diese Details beinhaltet logischerweise die aufgewärmte Suppenküche vom Chefkoch auch, sie zergehen nur nicht mehr auf der Zunge.


Über Dinge wie Cast, technische Inszenierung (außer den wiedermal unnötige und läppische 3D-Konvertierung) und grundsätzlich interessante, weit über dem üblichen Genre-Standard stehenden Thematiken muss einfach nicht diskutiert werden. Über deren Verwendungen im Angesicht des Gesamten eher. Die zeitlichen und popkulturellen Anspielungen sind nett (aber leider auch nicht mehr), Quicksilver gehören schon wie im direkten Vorgänger die besten Einzelsituationen, das ist souverän vorgetragene Blockbuster-Unterhaltung. Wer Höheres erwartet (was durchaus angebracht wäre), Pech gehabt. Somit hinterlässt „X-Men: Apocalpyse“ zwiespältig. Kein Satz mit X, aber einer ohne Ausrufezeichen.

6 von 10 Permanent-Rasuren

Review: DER SPION UND SEIN BRUDER – Humor voll am Limit

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Fakten:
Der Spion und sein Bruder (The Brothers Grimsby)
GB/US, 2016. Regie: Louis Leterrier. Buch: Sacha Baron Cohen, Phil Johnston. Mit: Sacha Baron Cohen, Mark Strong, Rebel Wilson, Penélope Cruz, Isla Fisher, Ian McShane, Scott Adkins, Gabourey Sidibe u.a. Länge: 83 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 21. Juli 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Sebastian ist einer der Top-Agenten des MI6, der Aufträge mit zuverlässlicher Präzision erledigt. Eines Tages gerät einer seiner Einsätze allerdings außer Kontrolle, als Sebastians Bruder Nobby völlig überraschend mitten in das Manöver platzt, da dieser seinen Bruder seit der gemeinsamen Trennung vor 28 Jahren sucht. Nobby ist eine freundliche, naive Seele, aber nett ausgedrückt nicht der hellste Zeitgenosse. Zusammen sind die beiden nun auf der Flucht, da sie sowohl von Gesetzeshütern verfolgt werden als auch einen Terror-Anschlag verhindern müssen...




Review:
Der britische Brachial-Komiker Sacha Baron Cohen hat mit seinen Werken bisher immer polarisiert und für extreme Reaktionen gesorgt. In Filmen wie "Borat" oder "Brüno", mit denen Cohen Figuren aus seinen TV-Formaten erstmalig in die Kinos brachte, bewegte er sich in den als "Mockumentarys" angelegten Werken auf einem schmalen Grat zwischen satirischer Entlarvung und derben Gags ganz weit unterhalb der Gürtellinie sowie fernab jeglichen guten Geschmacks. Nachdem Cohen bereits mit seiner Komödie "Der Diktator" den Schritt hin zum vollständig Fiktiven vornahm, ist "Der Spion und sein Bruder" ohne jegliche dokumentarische Einschübe ebenfalls ein reiner Spielfilm.


Der Erstkontakt der Brüder und gleichzeitig das erste Fiasko
Satirischen Tiefgang lässt der extreme Comedian, der hier wieder maßgeblich am Drehbuch beteiligt war, mittlerweile fast komplett hinter sich. Stattdessen treibt er das Maß an grenzdebilen Reißern, schwarzhumorigen Eskalationen sowie geschmacklosen, politisch unkorrekten Gags respektlos auf die Spitze. Mit einer als "Elefanten-Szene" bereits im Vorfeld zu zweifelhafter Berühmtheit gelangten Einlage dürfte Cohen der wohl abstoßendste, ekelerregendste Coup seiner bisherigen Filmographie gelungen sein, bei dem ungefähr nach der Hälfte der Laufzeit auch die Letzten abschalten dürften, die bereits in vorherigen Szenen an ihre persönlichen Geschmacksgrenzen gestoßen sind. Überhaupt richtet sich der Humor in "Der Spion und sein Bruder" nur an Hardcore-Anhänger von Cohen, die bereit sind, auch über derbe Seitenhiebe gegen soziale Minderheiten, Homosexuelle, AIDS-Erkrankte oder körperlich Benachteiligte zu lachen. Aufgrund des stumpfen Konglomerats an billigen Fäkalwitzen, gewalttätigen Aussetzern, folgenreichem Slapstick und schwindelerregenden Tiefschlägen verpuffen viele Späße etwas wirkungslos, wobei bei diesem Rundumschlag durchaus einige Treffer dabei sind, bei denen man sich leicht unangenehm unterhalten fühlen darf.


Wo die beiden auftauchen, bleibt kein Stein auf dem anderen
Die auffällig kurze Laufzeit von nur 83 Minuten wird allerdings nicht alleine von einem einzigen Gagfeuerwerk bestimmt, sondern versucht sich darüber hinaus in der Vereinigung unterschiedlicher Stilrichtungen, was nur bedingt funktioniert. Als klassische Agentenfilm-Parodie hakt "Der Spion und sein Bruder" lediglich Allgemeinschauplätze ab, bietet exotische Locations, stoische Widersacher (hier in Form des physisch wie immer überaus präsenten Scott Adkins), einen albern nachgeahmten Akzent von Ur-Bond Sean Connery und zum Ende hin eine äußerst hanebüchene Motivation der Bösen. Diese genüsslich auf die Schippe genommenen Elemente können aber nur schwer darüber hinweg täuschen, dass die Geschichte an sich von vorne bis hinten vorhersehbar, belanglos und somit überflüssig ist und dadurch die kurzweiligen Gags unnötig ausbremst. Zusätzlich wurden störende Rückblenden in den Film eingesetzt, welche die Kindheit der späteren ungleichen Brüder in ein emotionales Verhältnis setzen sollen. Diese Form der übermäßigen Gefühligkeit steht dem Werk ganz und gar nicht und wirkt ebenfalls befremdlich in Verbindung mit dem ansonsten respektlos-rücksichtslosen Tonfall.


Die Verpflichtung von Action-Regisseur Louis Leterrier, der meist durch unübersichtliche Schnitt-Gewitter negativ auffällt, führt bei diesem Film hingegen zu einem positiven Effekt, denn der Regisseur verleiht dem eh schon kurzen Film ein ziemlich flottes Tempo. Auch der sonst im ernsten Charakter-Fach einzuordnende Mark Strong hat sichtlich Freude daran, im Zusammenspiel mit dem auf vielen Ebenen komplett blankziehenden Cohen aufzudrehen. "Der Spion und sein Bruder" bietet Freunden des extremen Humors somit einige wirklich derbe Steilvorlagen, um in hemmungsloses Gelächter auszubrechen, doch als Gesamtwerk wirkt der Film oftmals zu unentschieden zwischen anarchischem Gagfeuerwerk, bei dem längst nicht jeder Witz zündet, alberner Parodie und unpassend emotionalen Einschüben.


5,5 von 10 mit HIV infizierte Promis



von Pat

Review: DELTA FORCE 1 & 2 - Chuck im Cannon-Doppelpack

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Fakten:
Delta Force (The Delta Force)
USA, 1986. Regie: Menahem Golan. Buch: James Gruner, Menahem Golan. Mit: Chuck Norris, Lee Marvin, Robert Forster, Martin Balsam, Hanna Schygulla, George Kennedy, Shelley Winters, Robert Vaughn u.a. Länge: 129 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich. 


Story:
Eine Passagiermaschine von Athen nach New York wird von zwei libanesischen Terroristen entführt. Nur die Delta Force kann jetzt noch Abhilfe schaffen, was auch ihren Leitwolf McCoy aus dem selbstgewählten Ruhestand zurückruft…

                                                                               
Meinung:
Hui, da packt die Krawallschmiede von CANNON kalkuliert ein noch sehr heißes Eisen an. Was den grundsätzlichen Charme ihrer Geschmacksentgleisungen nicht nur erheblich stört, sondern auch den eigenen, zwingend erforderlichen Anspruch sichtlich hemmt. Keine guten Vorzeichen, wodurch „Delta Force“ ein merkwürdig-grenzwertiger Hybrid aus dem sonstigen Was-schert-es-uns?-CANNON-Output und einer gewissen Pflicht, Verantwortung heraufbeschwört, den so doch keiner sehen will.


Echte Kerle mit dicken Rohren
Nur wenige Monate nach der Entführung des TWA-Flug 847 – eines weltweit beachteten, grausamen Akt des Terrors, der mit „nur“ einem Todesopfer noch relativ glimpflich ausging – zimmern die Herren Golan und Globus daraus ihren eigenen Kassenschlager mit dem Zögling Chuck Norris und sonst einem auf den ersten Blick erstaunlich prominenten Cast, die aber alle zu dieser Zeit auch gucken mussten, wie die Butter aufs Brot kommt. Martin Balsam (CANNON-erprobt „Death Wish 3“), George Kennedy und Shelley Winters hatten schon bessere Tage, Hanna Schygulla ist eben die (faktisch) wichtige Deutsche, Lee Marvin deutlich zu greis für diesen Scheiß (danach war leider Feierabend, unschönes Ende) und Robert Forster, der einzige Lichtblick in diesem sonst sehr unangenehm-geschmacklosen Blödsinn. Optisch eine Kreuzung aus Borat und Tony Montana: Wenn wir keine Araber haben, basteln wir uns welche. Er gibt sein Bestes und ist zumindest konsequent brutal, rücksichtslos, hasserfüllt, von Konsequenz lässt sich hier sonst nicht sprechen, bis auf die einseitige Sichtweise, die sich aber zumindest halbwegs entschuldigen lässt, emotional gesehen (für G&G).


So ein Film ist natürlich Chefsache. Golan kann bestimmt alles, aber nicht mit ernsten Themen umgehen. In der ersten von (viel zu langen) zwei Stunden und ein Bisschen versucht er sich an einer sichtlich faktengetreuen Aufbereitung des Geschehens, die aber jetzt schon dieses schlampige CANNON-Flair hat, was – besonders so direkt nach dem realen Vorfall – echt fehl am Platz ist. Kurz nach 9/11 etwas Vergleichbares zu drehen, hat sich keiner getraut. Wäre tatsächlich nicht ganz so tragisch, wenn der Film dadurch nicht komplett eine Ausrichtung vermissen ließe und am Ende dann doch der billige 80er-Radau wird, bei dem dann nichts mehr zusammenpasst. Wenn Chuck im letzten Drittel auf seinem mit einem schier unendlichen Raketen-Arsenal  bestückten Moped Vollgas gibt, ist das wieder der pure Unsinn. Hat leider nichts mit dem Vorlauf, erst recht nicht mit dem Thema zu tun und wirkt wie ein schmutziger Witz bei einer Beerdigung. Es kommt halt immer auf den Rahmen an, und der existiert bei „Delta Force“ definitiv nicht. Ronald Reagan hatte bestimmt kurz Pippi in den Augen, wie seine Jungs die Welt wieder gerade rücken, „Die rote Flut“ gleich hinterher…

3 von 10 tugendhaften Stewardessen


                                                                                      

Fakten:
Delta Force 2: The Colombian Connection
USA, 1990. Regie: Aaron Norris. Buch: Lee Reynolds. Mit: Chuck Norris, Billy Drago, John P. Ryan, Richard Jaeckel, Begonya Plaza, Paul Perri, Mark Margolis u.a. Länge: 111 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
McCoy und sein Partner Chavez verhaften den südamerikanischen Drogenbaron Cota, der jedoch auf Kaution freikommt, sich mit dem Mord an Chavez‘ Familie rächt und wieder in sein Land verschwindet, in dem er Narrenfreiheit genießt. Ein Fall für die Delta Force und da diese dort nur stark eingeschränkt operieren darf, muss McCoy einen gefährlichen Alleingang starten…

                                                                           
Meinung:
„Ramos hat ihren Mann ermordet, ihr krankes Baby umgebracht, die Leiche verwendet um Kokain zu schmuggeln und sie vergewaltigt…Ich würde es nicht zur Sprache bringen, sie könnte empfindlich reagieren.“

Knapp 10 Jahre nach der Gründung standen CANNON wieder vor dem Aus. Finanziell sah es nicht gut aus und nachdem die treibende Kraft der „Bad News Jews“ Menahem Golan das Handtuch war, versuchte Yoran Globus mit einem Sequel zu „Delta Force“ den Karren noch aus dem Dreck zu ziehen. Mit wenig Erfolg, kurz danach gingen die Lampen endgültig aus. Nur mit Globus ist das echt nur die Hälfte wert, wenn überhaupt.


Du isst Honig, ich kaue Bienen
Mit deutlich weniger (gut abgehangenen) Stars – eigentlich nur noch Kampfbart Chuck Norris - und nicht mehr angelehnt an realen Ereignissen (Gott sei Dank), ist Teil 2 ein reiner B-Actioner, der zumindest darin konsequenter ist als der thematisch unglückliche Vorgänger. Besser nicht, aber anders. Tötungsmaschine und Klettermaxe McCoy („Das war nicht kämpfen. Das war ein Motivationsseminar!“) legt sich mit einem hageren Koks-Papst an (Natural born Bad Guy: Billy Drago), der nicht nur einen schmierigen Öl-Zopf, sondern auch eine schmucke Gaskammer im Eigenheim hat. Der fühlt sich in seiner korrupten, militant geführten, fiktiven Bananenrepublik San Carlos (warum der Film trotzdem „The Colombian Connection“ heißt? Vielleicht Schiss bekommen vor eventuellen Konsequenzen?) pudelwohl, bis ihm die Delta Force den Blutgeld-Palast zerbombt. Im Schlussdrittel eines (schon wieder) viel zu langen Films rumst es gewaltig. Die gleichen 10 Komparsen dürfen sich immer wieder zum Abknallen im Schießbuden-Modus aufstellen (Bohnenfresser sehen doch eh alle gleich aus) und der letzte Notgroschen von CANNON wurde ausschließlich in deftige Explosionen gesteckt.


Der Rest sieht furchtbar billig aus, von Chucks Brüderchen Aaron Norris bewusst günstig und klobig inszeniert. Den frechen Witz früherer CANNON-Produktionen sucht man vergebens, ein paar blöde Sprüche am Rande haben damit wenig zu tun. Der ganze Film ist nur ein Bodycount-lastiges, tendenziell rassistisches, Militär-geiles Loblied über einen weiteren, hinterlistigen Schurkenstaat, den die Amis endlich den Arsch aufreißen. Juhu. Charisma-Krücke Chuck Norris dürfte der so ziemlich langweiligste Action-Star seiner Generation sein - egal wie vielen Ganoven er das Genick bricht – und der Film drumherum ist nur ein primitiver Ego-Shooter vom Wühltisch, der immerhin nicht mehr sein will. Schrottig bleibt er natürlich auch so, obwohl am Ende da einiges los ist. 

3 von 10 (mal wieder) verpassten Abflügen