Review: RAUM - Wenn die Welt zu einem fremden Ort wird



Fakten:
Raum (Room)
CA, IE. 2015. Regie: Lenny Abrahmson. Buch: Emma Donoghue. Mit: Brie Larson, Jacob Tremblay, Joan Allen, Sean Bridgers, William H. Macy u.a. Länge: 117 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 17. März 2016 im Kino.


Story:
Ma ist eine junge Frau, die vor sieben Jahren als Teenagerin entführt und seitdem in einem winzigen Schuppen eingesperrt ist. Von ihrem Entführer wird sie regelmäßig vergewaltigt, dabei entstand auch ihr fünfjähriger Sohn Jack, der mit ihr in diesem Raum lebt und die Welt außerhalb noch nie kennengelernt hat. Als die Flucht gelingt, müssen sich beide an die fremde Welt gewöhnen.




Meinung:
Lenny Abrahmson ist zwar kein Unbekannter mehr, die große Anerkennung blieb dem Iren aber bisher verwehrt. Sein letztjähriger Film „Frank“ wurde zwar durchaus positiv aufgenommen, das große Publikum erreichte er trotz bekannter Namen in der Besetzung (Michael Fassbender, Domhnall Gleeson, Maggie Gyllenhaal) aber nicht. Mit „Raum“ dürfte sich das jedoch schlagartig ändern, Oscarnominierungen in vier der wichtigsten Kategorien dürften den Film und damit auch seinen Regisseur zum entscheidenden Schritt auf die große Bühne verhelfen, man darf also über neue Projekte gespannt bleiben.


Viel Platz ist nicht!
„Raum“ ist sicherlich kein Film, den man nebenbei und unaufmerksam schauen sollte, er fordert seine Zuschauer, packt sie, schockt sie, lässt sie auch Tage nach der Sichtung nicht los. Das liegt am Inhalt, eine Geschichte, die man fast nicht glauben kann, vor allem nicht glauben möchte und die deswegen auch erbarmungslos zuschlägt. Das liegt aber auch an der Inszenierung, die schmerzlich passiv von den Geschehnissen berichtet, nichts verschönert und vor allem nie versucht den Betrachter emotional zu manipulieren. Es sind vielschichtige Emotionen, die den Zuschauer mitreißen, nicht zuletzt weil sie unheimlich echt und greifbar wirken, zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar sind und deswegen auch enorme Sympathien für die geplagten Protagonisten erzeugen. Die Verbindung zwischen Figur und Zuschauer funktioniert letztlich auch deshalb so gut, weil die Darsteller alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen um eine unglaublich kraftvolle und authentische Performance zu liefern. Das gilt für Brie Larson, die für ihre Darbietung erst kürzlich mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurde und völlig zurecht zu den Favoritinnen für den Oscar zählt. Das gilt aber auch für Jacob Tremblay, der für sein Alter erschreckend gut spielt und wohl zu den vielversprechendsten Jungschauspielern gehört.


Basteln mit Eierschalen!
Abrahamson hat mit „Raum“ aber nicht nur ein mit kraftvollen Emotionen angefülltes Drama geschaffen, sondern liefert auch eine glaubhafte Reflexion über die Folgen von sozialer Abgrenzung und die anschließende Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Im titelgebenden Raum eingesperrt ist für den fünfjährigen Jack alles nur ein Spiel, seine Mutter nutzt den Fernseher notgedrungen als Erklärungsversuch für die Welt außerhalb und erklärt ihm, dass nichts davon wirklich existiert und die Welt außerhalb des Raumes endet. Wie will man einem Jungen, einem kleinen Kind, sonst erklären, dass er einen winzigen Raum nicht verlassen darf? Wirklich interessant wird es dann, wenn er auf die Welt trifft und alles hinterfragen muss, was er bisher wusste. Eindrücklich zeigt der Film, wie er sich langsam, aber immer besser, in der echten Welt zurechtfindet und damit seiner Mutter auch irgendwann vorauseilt. Denn die hat nach anfänglicher Euphorie deutlich mehr Probleme mit der Wiedereingliederung als ihr Sohn und ringt mit komplexen menschlichen Emotionen. Während ihr Sohn die Welt Schritt für Schritt kennenlernen kann, treffen bei Ma Wunschvorstellungen und glückliche Erinnerungen auf die grausame Realität und sorgen dafür, dass sie ihre komplette Existenz hinterfragen muss.


„Room“ gehört schon jetzt zu den besten Filmen des Jahres, ein frühes Highlight, das die Messlatte fürs Kinojahr 2016 sehr hochlegt. Von der Inszenierung über das Drehbuch bis hin zu den Darstellern ist Lenny Abrahamson ein vielschichtiger und kraftvoller Film gelungen, der seine Zuschauer auch noch Tage nach der Sichtung beschäftigen wird. Ein überaus gelungenes Werk, das jeder gesehen haben sollte.


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