Review: THE DUKE OF BURGUNDY – Schmerz und Liebe




Fakten:
The Duke of Burgundy
UK, 2014.
Regie & Buch: Peter Strickland. Mit: Sidse Babett Knudsen, Chiara D'Anna, Kata Bartsch, Monica Swinn u.a. Länge: 104 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Ab 3. Dezember 2015 im Kino.


Story:
Die wohlhabende Cynthia ist Schmetterlingsforscherin und verbringt einen Großteil ihrer Zeit zu Hause. Ihre Haushälterin Evelyn behandelt sie sehr streng, bald stellt sich jedoch heraus, dass diese mehr als nur eine Haushaltshilfe ist. Die beiden Frauen führen eine Liebesbeziehung, das strenge Dienstverhältnis ist nur Teil eines sadomasochistischen Rollenspiels. Während Evelyn immer härtere Szenarien durchspielen will, sehnt sich Cynthia nach einer konventionellen Beziehung.





Meinung:
Es wäre wohl nicht überzogen Peter Strickland als einen sehr eigensinnigen Regisseur zu beschreiben. Seine bisher sehr überschauliche Filmographie liefert allein schon thematisch einen guten Einblick in die Gedankenwelt des englischen Filmemachers. Ebenso zeigen seine bisherigen Werke, dass der Mann sein Handwerk durchaus versteht, so sind sie, wenn gleich auf inhaltlicher Ebene Geschmackssache, in ihrer äußeren Form meisterhaft inszeniert. Auch in seinem neuen Werk „The Duke of Burgundy“ bleibt er sich treu und schuf ein spezielles, aber überaus gelungenes Drama über die komplexe Beziehung zweier Frauen.


Cynthia in ihrem Element
Von Beginn an agiert „The Duke of Burgundy“ in seiner ganz eigenen Welt. Weder Zeitpunkt noch Ort der Handlung werden näher definiert, ohne weitere Einführung wirft Strickland den Zuschauer mitten ins Geschehen. Das hört sich jetzt deutlich rasanter an als es letztlich ausfällt, denn der Film entfaltet seine Wirkung langsam, fast schon schleichend entwickelt er sich zu einer eindrucksvollen Analyse über menschliches Verlangen und sexuelle Neigungen. Bewusst gestaltet Strickland seinen Film sehr repetitiv, immer wieder zeigt er ähnliche Szenen und gibt dadurch einen Einblick in die Routine des sadomasochistischen Rollenspiels, welches für die beiden Protagonistinnen längst zur Gewohnheit wurde. Diese Wiederholung der Szenen streckt den Film zwar etwas in die Länge, macht dafür jedoch deutlich wie tief diese Szenarien im Alltag der Frauen verankert sind. Gerade dadurch schafft es „The Duke of Burgundy“ das Verhältnis der Frauen als sinnliches, fast schon mysteriöses Ritual darzustellen. Ohne explizite Szenen entwickelt sich daraus ein mehr und mehr verworrenes Psychodrama, ein intimer Einblick in das Für- und Gegeneinander einer Beziehung. Leider entmystifiziert Strickland seine Geschichte manchmal ein Stück weit selbst, wenn die Frauen aus ihrer Rolle fallen um dem Publikum einen Lacher zu entlocken baut das gleichermaßen Atmosphäre wie Intensität ab und dämmt damit die Wirkung des Films.


Beste Freundinnen oder Feindinnen?
In erster Linie sind es aber die stilsicheren Bilder, die den Betrachter für sich einnehmen. Die Kamera positioniert sich als stummer Begleiter, schafft es einen tiefgehenden Einblick zu geben ohne dabei voyeuristisch zu werden. Oftmals spielt sich der Film im Kopf seiner Zuschauer ab, zeigt bewusst nicht alles und lässt vieles offen. Strickland maßt es sich nie an eine allumfassenden Studie zu liefern, sondern zeigt vielmehr einen kurzen Einblick in das Innenleben seiner Figuren. Gerade gegen Ende gipfelt das auch in einer herrlich surreal angehauchten Sequenz, die sehr eindrucksvoll die tiefen Sehnsüchte und Ängste der Frauen bebildert. Es wird zunehmend fesselnder wenn Cynthia beginnt die Beziehung zu hinterfragen. Sie sehnt sich nach Normalität, zweifelt an der aufrichtigen Liebe ihrer Partnerin. Diese hingegen will immer mehr und härtere Szenarien durchspielen. Auch wenn sie sich nach einer Aussprache eingestehen, dass ihre Liebe das Entscheidende sei, zeigt der Film keine Konsequenzen. Wie es nun weiter geht bleibt offen, auch das trägt zum Mysterium des Films bei. Ohnehin folgt „The Duke of Burgundy“ keiner klaren Chronologie, was aus den beiden Frauen wird bleibt dem Zuschauer überlassen.


Was „The Duke of Burgundy“ letztlich von ähnlichen Filmen abhebt, ist die Art und Weise wie er Form und Handlung miteinander kombiniert. Peter Strickland erzählt seine Symphonie aus Liebe und Schmerz nämlich in erster Linie durch gekonnt inszenierte Bilder. Auf das Nötigste beschränkt zeichnet er ein subtiles Porträt einer sadomasochistischen Liebesbeziehung, die gleichermaßen ekstatisch wie sinnlich ist. Oftmals sind es nur kleine Gesten oder Blicke, die etwas Verborgenes andeuten und das Kopfkino anregen, aber genau damit nimmt der Film den Zuschauer für sich ein und schafft es ihn über die komplette Laufzeit zu fesseln.


7 von 10 menschlichen Toiletten


von Vitellone

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