Review: HERBSTSTURM - Romanze, Krimi & Drama unter einem Hut?


Fakten:
Herbststurm (October Gale)
CAN. 2014. Buch und Regie: Rubia Nadda. Mit: Patricia Clarkson, Scott Speedman, Tim Roth, Callum Keith Rennie, Aidan Devine, Billy MacLellan, Eric Murdoch, ua. Länge: 92 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 03. September auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Um den Verlust ihres Ehemannes zu verarbeiten, fährt die Witwe Helen zum Ferienhaus, das irgendwo auf einer kanadischen Insel-Landschaft zu finden ist. In einer Nacht findet sie auf einmal einen angeschossenen jungen, geheimnisvollen und attraktiven Mann in ihrem Haus und hilft ihm. Doch damit fangen die Probleme erst an.



                                                                                


Meinung:
Die kanadische Filmlandschaft weist viele Parallelen zum europäischen Kino (speziell zur Nouvelle Vague und dem zeitgenössischen skandinavischen Film) auf. Die Filme sind eher über Menschen und bestehen aus Geschichten, nicht aber unbedingt aus Plots, denen alles untergeordnet wird - das mutet eher amerikanisch an. Die kanadische Regisseurin Ruba Nadda, die mit ihrem Film „Cairo Time“ aus dem Jahr 2009 einen Preis beim Toronto International Film Festival verbuchen konnte, arbeitet hier nach genanntem Werk erneut mit Patricia Clarkson zusammen und schickt ihre Schauspielerin in eine abgelegene Hütte, wo sie auf einen geheimnisvollen Unbekannten trifft.


Erste Hilfe oder unbeholfenes Liebesspiel? Beides möglich...
Tim Roth, der in den 90ern in der Blüte seiner Zeit stand und dann kolossal abgestürzt ist, steht auch hier auf dem Cover drauf. Er ist also absolut weg vom Fenster, aber nicht vom Grabbeltisch. Sein zehnminütiger Auftritt in diesem Film vermag aber weder zu überzeugen noch Hoffnung zu übermitteln; man darf dennoch gespannt sein, was der erneute Auftritt in einem Film von Quentin Tarantino mit seiner Karriere anstellt. An Tarantino wird wohl auch Nadda gedacht haben, als sie den Charakter in ihr Drehbuch (völlig ungelenk) einführte. Der ist nämlich ein komplett lächerlicher Abklatsch von plappernden Tarantino-Gangstern. Einer von der Sorte, die man seit Mitte der 90er in jedem vierten Kriminalstreifen sehen und hören kann - oft mit ungemütlichem Ausgang für den Zuschauer. Aber nun taucht Tim Roth ja wirklich nur am Ende dieses 90-Minüters auf und kann deshalb davor wenig falsch machen. Aber dafür sind ja auch Clarkson und Scott Speedman da. Und die beiden befinden sich, so scheint es, in einer knisternden Beziehung, in der er der geheimnisvolle hübsche Unbekannte ist und sie die alte Maid, die aus ihrer Trauer um ihren verstorbenen Mann heraus das Verlangen hat, ihm zu helfen. Irgendwann wird aus dem Drama eine Romanze, aus der Romanze ein Drama und aus dem romantischen Drama ein Rache-Krimi, bei dem „Wir gegen die“ die Devise ist. Spannend oder interessant wird es leider zu keiner Zeit.


Das Krimi-Romanzen-Tragödien-Drama-Filmwerk „Herbststurm“ ist genauso wirr, wie es jetzt rüberkommen mag. Die eingangs erwähnten Einflüsse, die das europäische Kino auf die kanadische Filmwelt hatte, werden hier teilweise absurd auf die Spitze getrieben und derart überzogen, dass der Film zuweilen gar wie eine unbewusste Parodie seiner selbst wirkt. So ist es dann nur konsequent, dass der Film in seinem bunten Mix keine der angestrebten Genres auch nur zu Hälfte ausfüllt, sondern stets Dinge anreißt und dann gelangweilt liegen lässt. Eben jenes Desinteresse überträgt der Film auch alsbald auf den Zuschauer, der nach zwanzig Minuten beginnt, auf die Uhr zu schielen und Gnade herbeisehnt. Sie sind komisch, die Filme, die aus Kanada ihren Weg nach Europa finden. Einerseits hochklassige Dramen, die an Intensität, Weitsicht und Emotionalität teilweise ihresgleichen suchen, andererseits Filme wie „The Captive“ oder dieser hier, an denen technisch gesehen nichts zu bemäkeln ist, die jedoch so unausgegoren, halbfertig, albern und egal daherkommen, dass man sich am Schädel kratzen muss. Die verachtenswerten Ausmaße von „The Captive“ erreicht „Herbststurm“ in seiner Banalität jedoch nie.

3,5 von 10 verruchten Romanzen

von Smooli

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