Review: SPARTAN – Desillusionierung auf nationaler Ebene



Fakten:
Spartan
USA. 2004. Regie und Buch: David Mamet. Mit: Val Kilmer, William H. Macy, Ed O’Neill, Derek Luke, Kristen Bell, Tia Texada, Geoff Pierson, Kick Gurry, Clark Gregg, Natalie Nogulich, Moshe Ivgy u.a. Länge: 106 Minuten.
FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Robert Scott, Ex-Marine Sergant, erhält den Auftrag, die verschwundene Tochter des Präsidenten, Laura, zu finden, die seit einigen Tagen als vermisst gilt. Eine heiße Spur, führt ihn zu einem Club und später zu einem Strandhaus. Dort findet er eindeutige Beweise, dass Laura vor kurzem hier war, doch dann wird das Feuer auf Scott eröffnet und er muss fliehen. Seinen Auftrag will er aber erfolgreich beenden, vor allem da er zu glauben scheint, dass er Teil einer Verschwörung geworden ist.





Meinung:
Geht es um präzise verschachtelte Dialogsequenzen, dann darf man David Mamet als einen Meister dieses Fachs bezeichnen. Als Theaterautor hat er sein rhetorisches Handwerk stetig erweitern, verfeinern und in seiner Exaktheit explizieren können, gerade auch seine Vorliebe für  Kadenzen, bis auch die Filmwelt auf den in Chicago geborenen Künstler aufmerksam wurde. Dass der moderne Film Noir „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ durch eine ganz bestimmte Szene auf dem Küchen zwischen Jack Nicholson und Jessica Lange in die Filmgeschichte einging, war nicht David Mamet zu verdanken, er aber war für die überzeugende Adaption des zugrundeliegenden Romans von James M. Cain verantwortlich – Und hatte damit auch für die Kinematographie an Wert gewonnen. Perfektioniert hat er sein Können (im Filmwesen, versteht sich) dann im Jahre 1992, wo er mit „Glengarry Glen Ross“ sein eigenes Bühnenstück auf die Leinwände projizierte und mit Dialogen schillerte, die es wirklich würdig waren, Mimen wie Jack Lemmon, Al Pacino und Kevin Spacey in den Mund gelegt zu werden.


Entspannung in der freien Natur mit einem guten Buch
Ob David Mamet aber auch den Regiestuhl ebenso gute Arbeit abliefern kann, wie er es als Autor zu genüge getan hat, lässt sich so nicht bestätigen. Ohne Frage: David Mamet ist sicher kein schlechter Filmemacher und sowohl seine Satire „State and Main“, als auch der mit Gene Hackman, Danny DeVito und Sam Rockwell interessant besetzte Thriller „Heist – Der letzte Coup“ wurde überwiegend positiv aufgenommen. Große Probleme in Sachen Inszenierung werden erst im politisch-motivierten Thriller „Spartan“ von 2004 deutlich. Vorrangig aber gibt es auf dem Cover von „Spartan“ astreinen Etikettenschwindel zu bestaunen: Wir sehen Val Kilmer in ikonischer Pose, die Sonnenbrille sitzt im Gesicht wie geklebt, die schwarze Lederjacke ein unverzichtbares Kleidungsstück, während er ganz lässig gegen seine Schulter eine dicke Wumme lehnt. Eine solche Illustration suggeriert ein handfestes Action-Vehikel, welches sich ganz in den Dienst reaktionärer B-Movie-Mentalitäten stellt. Aber Pustekuchen! Man möchte wohl besser nicht wissen, wie viele Videothekengänger, „Spartan“ ist seiner Zeit direkt auf DVD erschienen, den Film mit gesenktem Haupt zurückgegeben haben.


"Ich bin von der Papierpolizei und das hier ist meine Marke."
Nein, „Spartan“ bietet Val Kilmer nicht die Möglichkeit, als fauchende Dampframme aufzutreten, vielmehr wird David Mamet seinem Ruf treu und kümmert sich in einem ruhigen Tempo um seine Charaktere, versucht sich nach und nach zu erklären, die Gemüter dem Zuschauer aber auch nicht auf dem Silbertablett zu servieren, was zuweilen eine sehr kryptische Charakterisierung offenbart. In „Spartan“ gibt Val Kilmer den ehemaligen Marine Robert Scott, der sich um die Ausbildung von Rekruten kümmert, während er auch für die Polizei als Special Agent tätig ist. In archetypischen Habitus gibt Kilmer diesen Robert Scott, ist gradlinig, unerschrockenen und bis in die Poren linientreu – Ein echter Patriot, der für sein Vaterland einige Male durch die Hölle gegangen ist und es wieder tun würde. Es würde zu weit gehen, würde man Robert Scott als Sympathiefigur titulieren, Mamet schafft es nur, diesen Charakter – trotz einiger gestelzter Phrasen – gekonnt zu zeichnen, in dem er die Menschlichkeit, die sich unter der harten Schale verbirgt, immer mal wieder durchschimmern lässt. Die Mission selbst, natürlich von höchster Brisanz, kommt in ihrer Aussage letztlich einem Pamphlet gleich.


Und geht es um die Mission, um die Rettung der Laura Newton, weist „Spartan“ eklatante Pacing-Probleme auf, weil Mamets Regie nicht nur auf den ersten Blick antiquiert (nicht mit altmodisch zu verwechseln) daherkommt. „Spartan“ wird später zum Verschwörungs-Thriller umfunktioniert und Scott, der immer vom Glauben an sein Land katalytisch angetrieben wurde, demaskiert die Regierung wie den Geheimdienst als eine verlogene Schattengesellschaft. Zynisch, natürlich, und Scott wird hinterrücks in seinen Idealen gebrochen, doch wirklich berühren oder eine Szene, die einer echten Spannungsklimax gleichkommt, hat „Spartan“ kaum zu bieten. Es gibt vereinzelte Augenblicken, die erahnen lassen, welch Potenzial in diesem Szenario und auch in Mamets Führung gesteckt haben (Beides Szene, in denen ein Scharfschütze keine unwesentliche Rolle spielt). Doch schlussendlich ist „Spartan“ in seinen innen- wie außenpolitischen  Verstrickungen ein zuweilen äußerst träges Unterfangen. Wenn Val Kilmer dann von einem Engländer am Ende die Worte „Time to go Home“ gesagt bekommt und er ihm nur mit einem kurzen „Lucky man“ begegnet, wird deutlich, dass er es sein weiteres Dasein nur noch als Mann ohne Heimat fristen wird. Immerhin ein versöhnlicher, ehrlicher Abschluss.


5,5 von 10 gebrochenen Armen


von souli

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