Review: NIGHTMARE - MÖRDERISCHE TRÄUME - Eins, zwei, Freddy kommt vorbei...




Fakten:
Nightmare – Mörderische Träume (A Nightmare on Elm Street)
USA, 1984. Regie & Buch: Wes Craven. Mit: Robert Englund, Heather Langenkamp, John Saxon, Ronee Blakley, Johnny Depp, Amanda Wyss, Jsu Garcia, Charles Fleischer, Joseph Whipp, Lin Shaye, Joe Unger, Mimi Craven u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die Freundinnen Nancy und Tina werden von erstaunlich ähnlichen Albträumen geplagt, in denen ein Mann mit einem Klingen-besetzten Handschuh jagt auf sie macht. Eines Nachts wird Tina bestialisch aufgeschlitzt, der Verdacht fällt auf ihren Freund. Nancy glaubt nicht an dessen Schuld, denn ihre Albträume werden immer bizarrer und vermischen sich mit der Realität. Verletzungen, die sie in ihnen erleidet, werden zu echten Wunden. Panisch versucht sie, Schlaf zu vermeiden. Doch wie lange kann sie das durchhalten?


                                                                            


Meinung:
Wes Craven’s Meisterstück und die Geburtsstunde einer Legende. Schon mit seinen Low-Budget-Perlen „The Last House on the Left“ und „The Hills Have Eyes“ aus den 70ern erschuf Craven Klassiker des Genres, schien danach sein Pulver jedoch schon verschossen zu haben. Die liebevolle Monster-Hommage „Das Ding aus dem Sumpf“ war der einzige kleine Lichtblick einer jahrelangen Durststrecke. Bis er 1984 diesen Meilenstein des Horrorkinos in Eigenregie aus dem Boden stampfte, den Grundstein für eine der erfolgreichsten Filmreihen überhaupt legte und besonders eine der prägnantesten Figuren des modernen Horrorfilms kreierte: Freddy Krueger, mit Michael Mayers und Jason Vorhees der Serientäter des Genres. Konnte damals noch niemand ahnen.


Hacken, schneiden, filetieren: Das optimale Haushaltsgerät.
Im Gegensatz zu den folgenden Filmen des Franchise – die spätestens ab dem vierten Teil sich gezielt auf die Inszenierung seiner Hauptfigur als Marke wie Kultfigur konzentrierten und alles andere zur Nebensache degradierten -  lebt Craven’s Original mehr durch sein brillantes Konzept und seine ungemein düstere Grundstimmung. Krueger selbst tritt weniger in der Vordergrund, war nie wieder so unheimlich, dreckig und verstörend wie hier. Der spätere Klassenclown und Sprücheklopfer ist das grauenvolle Schreckgespenst, der seine Opfer in deren Träumen heimsucht, unerbittlich jagt und ohne auch nur den Anflug von Humor und Augenzwinkern brutal zu Strecke bringt. Was diesen Teil damals wie heute so außergewöhnlich macht, ist die famose Grundidee. Ein Spiel mit einer Ur-Angst des Menschen: Einzuschlafen und nie wieder zu erwachen. Jeder kennt das unbehagliche Gefühl, nach einem Albtraum aufzuwachen, sich kurzzeitig sammeln zu müssen um zu realisieren, dass alles eben „Erlebte“ nur ein böser Streich der eigenen Gedanken war. Oft sind die Träume am verstörensten, die wir nicht sofort als solche identifizieren, die wir währenddessen für absolut real halten und nur durch bizarre Details von der Wirklichkeit unterscheiden könn(t)en. Im Traum selbst tun wir das selten, nehmen alles erstmal als Tatsache hin und müssen uns daher kurz nach dem Erwachen zunächst gewahr werden, dass nun alles wieder in Ordnung ist. Doch was, wenn das Irrationale plötzlich rational, die Barriere von Traum und Wirklichkeit durchbrochen und Schlaf für uns zum tödlichen Feind wird?  


"Es ist ein...Handschuh!?"
Schlafentzug als einzige Möglichkeit dem Bösen zu entkommen, mit den natürlichen Folgen: Irgendwann holt sich der Körper seine Ruhe, ein Wimpernschlag kann schon zu viel gewesen sein, bist du noch wach oder schläfst du schon? Für die verängstigten Figuren wie den angespannten Zuschauer eine stetige Ungewissheit, wann sind wir sicher, wann in höchster Gefahr? Wie grandios diese Idee ist, tritt besonders in der legendären Badewannenszene zu Tage, in der ein Klopfen an der Tür zwischen Leben und Tod trennt. Plötzlich ist alles möglich, jederzeit, womit Craven sich gleichzeitig einem ungeliebten Dauerthema des Genres wie selbstverständlich entledigt: Logik? Realistisches Verhalten? Vollkommen egal, wir wandeln zwischen Traum und Wirklichkeit, nichts davon ist mehr relevant und muss empirisch nachvollziehbar sein, in diesem Kontext ist alles erlaubt. Es wird sich sein eigenes Universum geschaffen, in dem Treppenstufen zu verschlingendem Morast werden und kein Gitter vor den Fenstern uns vor dem schwarzen Mann schützen können. Im Gegenteil, sie sperren uns ein, werden zur Todesfalle, zum selbstgeschaffenen Gefängnis.


Craven war nie ein Meister der Inszenierung, kein John Carpenter oder Dario Argento, er musste um herauszustechen stets einen Stoff zu Verfügung haben, der an sich schon etwas Spezielles hatte. Davon hat „A Nightmare on Elm Street“ wahnsinnig viel und Craven gelingt es, dieses auf den Punkt zu bringen. Sein Szenario ist so beklemmend, seine Figuren so hilflos ausgeliefert und sein dämonischer Killer so viehisch wie nie wieder danach. Zum 30jährigen Jubiläum lässt sich nur attestieren: Immer noch und wahrscheinlich für alle Zeiten einer der größten Filme seines Genres. Origineller und unheimlicher werden Horrorfilme wohl nicht mehr.

8,5 von 10 kratzenden Krallen auf Heizungsrohren

2 Kommentare:

  1. Nach wie vor einer meiner absoluten Favoriten. Das gilt sowohl für das Original als auch für die meisten Fortsetzungen.

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  2. Bei den Fortsetzungen konnte mich nur noch der dritte Teil voll überzeugen, leider.

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