Review: CHRISTINE - Rock 'N' Roll am Rad der Zeit



Fakten:
Christine (John Carpenter’s Christine)
USA. 1983. Regie: John Carpenter. Buch: Bill Phillips, Stephen King (Vorlage). Mit: Keith Gordon, John Stockwell, Alexandra Paul, Robert Prosky, Roberts Blossom, Harry Dean Stanton, Kelly Preston, Robert Darnell, William Ostrander, Christine Belford u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Christine – Ihre üppigen Rundungen provozieren begehrliche Blicke. Ihre knallrote Farbe signalisiert Sex. Sie hört auf den Namen Christine – und sie hat den Teufel im Chassis. Sie gehorcht nur dem, den sie in ihr kaltes Blechherz geschlossen hat. Und wehe denen, die sich ihr in den Weg stellen. Arnie, kurzsichtig und verklemmt, liebt nur seinen 58er Plymouth Fury – seine Christine – und sie macht aus ihm einen arroganten Schnösel. Eine Kette unerklärlicher Todesfälle ruft bald die Polizei auf den Plan. Doch erst Dennis und Leigh erkennen, daß Christine hinter allem steckt. Werden sie Christine zur Strecke bringen, oder ist Christine schneller?





Meinung:
Carpenter erzählt eine magisch-makabre, Faustige Jugendfabel von den bösen Verführungen eines misanthropisch-diabolischen Höllenautos und der unsterblichen Macht des Rock'n'Rolls, schlägt dabei sogar eine rahmenbildende, autobiographische Brücke.


Bei dem Autolufterfrischer bleibt jedem Beifahrer die Luft weg
Angefangen bei "Christine's" Geburt in einer Detroiter Autofabrik Ende der 50er zu den Tönen von "Bad to the Bone" (in ihrem Autoradio laufen sowieso durchweg Rock'n'Roll-Oldies, die ihre Stimmung widerspiegeln), chronologisiert er ihren Werdegang 20 Jahre später (1978 - das Jahr von Carpenter's Durchbruch HALLOWEEN) in Kalifornien - wo sie von hormonverdröhnten High-School-Archetypen und Social-Outcasts aufgelesen wird, die sich durchweg mit Stephen-King-etablierten Greuelfiguren rumschlagen müssen (deren Anführer 1:1 John Travolta's Figur in CARRIE nachempfunden ist) und allmählich mithilfe der (höchst eifersüchtigen) Verführerin Christine eine mörderisch-selbstzerstörerische Mutation erleben - bis hin zum infernalischen Showdown, wo der endgültige Exorzismus gegen die Teufelskarre versucht wird, der nur scheinbar gelingt: in den letzten Momenten des Films zuckt der zusammengewürfelte Schrotthaufen, der mal Christine war, nochmal auf und "Bad to the Bone" übernimmt bis über den Abspann hinweg die Tonspur - ROCK'N'ROLL WILL NEVER DIE! Ein stimmig-gewitzt aufgebauter, übernatürlicher Thriller über dämonische & sexuelle Obsessionen, Rachegelüste und Persönlichkeits-verzerrende Verführungen. Teen-Angst trifft auf satanisch-perfiden Bopper-Autokult - eine nachgeholte Überspitzung der "Rock'n'Roll ist der Teufel!"-Entrüstungen der 1950er, die den nerdigen Schwächling zum Rebell, Frauenheld und Killer macht, durch das Ventil "50's-Nostalgia", verpackt in einem Genre-bedienenden, unverwechselbar-Carpenter-stilisierten, Horrorfilm.


Er hommagiert dabei (nicht nur mit seiner herrlich altmodischen Autokino-Szene) eindeutig Filme wie "I WAS A TEENAGE WEREWOLF" und auch "REEFER MADNESS", die den konservativen Zuschauern eine moralische Agenda vorgaukelten und dem Teen-Zielpublikum ihre spaßige Eskapismus-Emanzipation vom Elternhaus in Zelluloid-Verrücktheiten ansprachen (was in den 80ern auch schon bei FREITAG, DER 13. großen Erfolg hatte). Hat mir sehr gefallen und wirkte auch gut kathartisch, bis der verführte Arnie es natürlich übertreibt und seine gutherzigen Buddies dem Wahn ein Ende setzen müssen - wissend, dass der durchschlagend-befreiende Rebel-Geist der Rock'n'Roll-Karre irgendwann wiederkommen wird - ein klares Statement von Carpenter, dass er sich nach seinem finanziellen Flop von DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT nicht unterkriegen lassen wollte, bewies er doch mit diesem Werk (das zudem durchweg seine, seit den 70ern, Genre-definierende Handschrift trägt und nochmals showcased), dass er es noch immer drauf hatte, auch wenn man seiner Power Steine in den Weg legen wollte. Rock on, buddy!


7,5 von 10 Oldies


vom Witte

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