Review: NINJA: PFAD DER RACHE - Die Wiederentdeckung puristischer Kampfkunst im Film



Fakten:
Ninja: Pfad der Rache (Ninja: Shadow of a Tear)
USA 2013. Regie: Isaac Florentine. Buch: David N. White (Boaz Davidson). Mit: Scott Adkins, Mika Hijii, Kane Kosugi, Tim Man, Vithaya Pansringarm, Shun Sugata, Mukesh Bhatt, Takato, Jawed El Berni, Futoshi Hashimoto u.a. Länge: 95 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Casey, der als Kind nach Japan kam und ein Großmeister des Ninjitsus wurde, und seine Frau Namiko erwarten ihr erstes gemeinsames Kind. Doch das Glück ist nicht von langer Dauer. Namiko wird brutal ermordet. Casey geht auf die Suche nach dem Täter, was ihn nach Thailand führt.





Meinung:
Isaac Florentine beweist mit dieser Fortsetzung zu seinem eigenen 'NINJA - REVENGE WILL RISE' (2009) endgültig eindringlich, dass er nicht nur auf dem DTV-Sektor ein fantastischer Kenner seines Faches ist, sondern auch allgemein einer der wenigen, verbliebenen Filmemacher sein dürfte, die wirklich wissen, was ein echter Actionfilm ist. Der in 'NINJA: SHADOW OF A TEAR' wirkende Rache-Plot entbehrt jeder größeren Überraschung, schneidet aber jedes unnötige Fett weg und verläuft herrlich geradlinig und ironiefrei, zudem ungemein kurzweilig in seinem durchweg souveränen Fokus auf logische Kinetik im Narrativ. Ebenbürtig dazu fusioniert sich die Schauspielkunst von Scott Adkins, dessen mimische Spannung, wie auch körperliche Präsenz, unvergleichbar präzise, subtil und ehrfürchtig das Bild beherrschen.


Ein Hoch auf die Spandex-Jeans
In diesem konzentrierten Konstrukt erblühen sodann wunderschöne, artistisch-knallharte Ekstasen der Kampfkunst und Stuntarbeit. Die rasante Intensität der Martial-Arts-Gefechte steigert sich auf dem Pfad der Rache kontinuierlich ins Unermessliche, hitzt sich mit brennender Leidenschaft in Myanmar auf, im Taumel glühender Schweißperlen des Neon-Dschungels. Wie Adkins darin seine zahlreichen Überwindungen leistet, mit infernalischer Muskelkraft und schnörkelloser Cleverness seinen Weg bahnt, lässt sich mit jeder Pore seines Körpers erspähen und spüren. Die magische Zutat dafür entfaltet sich in der glasklaren, zielgerichteten Kameraarbeit, die im Vergleich zu anderen ähnlichen Produktionen, das Subjekt des Geschehens stets im übersichtlichen Auge hat und auf neo-eskapistischen Firlefanz wie Shakey-Cam aufrichtig verzichtet, stattdessen der einvernehmenden Ästhetik der Dollyfahrt vertraut und das Augenmerk der Kampfchoreographie in atemberaubend langen, erfrischend-kohärenten Halbtotalen zelebriert - zusätzlich mit pointiert gesetzter Intensität anhand von Nahaufnahmen, Zeitlupen-Einsätzen und streng logischer Tracking-Erforschungen.


Smells like Foot Spirit
Bemerkenswert dazu erscheint auch das beinahe gänzliche Fehlen von CGI-Kreationen. Wenn diese auftauchen, dann nur zum Dienste der Handlung, sprich schlicht, wenn man u.a. am Horizont der Nacht die geheime Station des Obermotzes erblickt oder wenn ein Giftröhrchen mit Blitz-artiger Geschwindigkeit in den Hals eines Gegners schießt. Alles andere Effektvolle wird praktisch gelöst - mit wahrhaftig spritzenden Blut-Squibs, famoser Pyro-Technik und glaubwürdigem Make-Up. Ohnehin spielt die Glaubwürdigkeit eine massive Rolle in der Vermittlung der Action: Adkins ist kein Übermensch, da stellen sich seine Kämpfe zwar als schlagfertig, aber auch bodenständig und roh heraus. Die Gegner bleiben stets auf geringer Distanz und bedienen sich dabei auch zum eigenen Vorteil den Gegebenheiten ihrer Umgebung, die er reaktionsschnell & wagemutig abzuwehren hat. Nun könnte man meinen, dass ihm brachiale Genre-Wut von Natur aus den Weg ebnen würde und tatsächlich demonstriert er nach einer Runde Frustsaufen, wie flink und einkrachend er seine Macht ausdrücken kann. Als Meister des Ninjitsu kommt er aber erst ans Ziel, wenn er seine Fähigkeiten mit bedachtem Geschick einsetzt (bezeichnenderweise liefert ihm der Wutanfall vom oben genannten Frustsaufen keine relevanten Ergebnisse). Da heißt es für ihn, mit stilvoller Präzision ein Zeichen zu setzen, die Gegner mit gezielten Treffern unschädlich zu machen, anstatt deren eventuelles Leiden allzu lange auszukosten, selbst wenn sie sich mit eben solcher Härte dagegen wehren - eine spannende Konfrontation verschiedener Kampfkünste entsteht so oder so allemal.


Und das ist schlussendlich auch die essenzielle Qualität von Florentines Film. Er besitzt ein geradezu instinktives Gefühl dafür, wie ein guter und wirksamer Actionfilm funktioniert, vollkommen unabhängig von schmückenden Plot-Verknotungen und unvorstellbaren Schauwerten aus dem Computer. Allein die Beherrschung des menschlichen Körpers ist eindringlich und effektiv genug, in der Kampfkunst und auch in der konzentriert-direkten Darstellerführung durch Regie und Dialog. Und wenn sich dem ein angenehm-funktioneller Narrativ, fabelhaft-kohärente Kameraarbeit und ein ebenso bescheidener Musikscore unterordnen, erhält man in der Konsequenz ein wahrhaftig aufregendes, essenzielles Genre-Sahnetörtchen. Auch wenn die narrative Grundlage keine Überraschungen bietet: ein zielgerichtet-genüssliches, abgerundetes Gericht macht einen mit hoher Wahrscheinlichkeit eher zufriedenstellend satt, als ein wild-komplexes Konglomerat aus verschiedenen Geschmäckern der prätentiösen Herausforderung wegen - nirgendwo sonst als im Action-Genre wirkt diese Faustregel stärker und Florentines zweiter NINJA verkörpert sie so kongenial wie es kaum einer kontemporären, breitgewalzten Hollywood- oder EuropaCorp-Produktion zu gelingen vermag.


7,5 von 10 Wurfsternen


vom Witte

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