Review: IM WESTEN NICHTS NEUES - Bauern-Schach vor grausamer Kulisse



Fakten:
Im Westen nicht Neues (All Quiet on the Western Front)
USA. 1930. Regie: Lewis Milestone. Buch: Maxwell Anderson, George Abbott, Del Andrews, C. Gardner Sullivan, Walter Anthony, Lewis Milestone, Erich Maria Remarque (Buchvorlage). Mit: Louis Wolheim, Lew Ayres, John Wray, Arnold Lucy u.a. Länge: 134 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Angestachelt durch seinen Lehrer meldet sich der Schüler Paul Bäumer freiwillig zum Dienst im ersten Weltkrieg. An der Front erlebt er, was Krieg wirklich ist...





Meinung:
„Für Kaiser, Gott und Vaterland. Dafür bereit zu sein, das ist die wahre Tugend!“

Kriegs-Propaganda aus der Sicht der blinden Schafe, die so verblendet und nicht verteufelbar in eine Generation geboren wurden, die unweigerlich die Nächste in den Tod schickte, mit  Stolz und Ehre im Blut, die von Anfang an purer Unsinn war. Aber wer konnte und wollte das damals ahnen. Reflektiertes Szenario eines Krieges, von den persönlichen Anfängen bis zum bitteren Ende. Klug, ehrlich und deshalb hier zu Lande in einer kritischen Phase lange verboten, denn „Im Westen nichts Neues“ zeigt genau das, was Kriegstreiber nicht gerne sehen. Die Menschlichkeit ist ein störendes Detail, die Maschine muss geölt werden. Ein fehlendes Zahnrad wird mühelos kompensiert, die Masse und ihr Zweck steht über dem Individuum, welches einen Krieg zu gewinnen hat, sonst wird Kaiser, Gott, das Vaterland und was da sonst noch kommt sehr böse. Heute übertragbar auf Allah, 72 Jungfrauen oder den ganzen anderen Schwachsinn, der armen Tropfen als endgültige Lösung vorgegaukelt wird, um sinnlos in den Tod zu rennen. Funktioniert immer noch, der Mensch ist ein Tier für sich, mindestens so dressierbar.



Lange vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs zeigt uns die ersten Umsetzung von Erich Maria Remarques Roman den Wahnsinn ungeschminkt, fast visionär, im Hinterkopf und mit dem Blick in die Zukunft noch das, was folgen sollte. Damals wurde schon erkannt, was Jahre später multipliziert wurde. Grausamer Schwachsinn, ausgetragen auf den Rücken der Jugend, die für Ideologie, Faschismus und merkwürdige Wertevorstellungen durchs Feuer rennen musste und oftmals nicht mal wusste, für was sie sich gerade den Bauchschuss einfangen musste. Kluge, junge Menschen als Kanonenfutter verheizt, so werden Herrschaften und Königreiche erschaffen. Beklemmend, bemerkenswert ehrlich und für seine Zeit enorm drastisch trägt Lewis Milestone das alles vor, erzeugt das vor Augen, was die Buchvorlage nur im Kopf schaffte. Ein erschreckendes Abbild von Leid, Tod und blinden Herdentrieb. Druckvoll, erschütternd und niemals nur annährend mit falscher Glorifizierung geschmückt, das ist ein Anti-Kriegsfilm, der diese immer grenzwertige Bezeichnung mit vollem Recht verdient. Für seine Zeit in Inszenierung und Aussage unfassbar und heute noch ein mehr als wertvolles Zeitdokument, welches an Dringlichkeit, Wertschätzung und Wichtigkeit kaum verlieren kann. Und wenn, stimmt etwas nicht...


Erschütternd, wuchtig und unzensiert, Krieg auf seine Grausamkeit reduziert, so muss und kann ein anprangernder Film nur funktionieren. Und das zu einer Zeit, als die Bilder nur langsam das Laufen und die Sprache erlernt haben. Unglaublich, toll, wichtig. Das kann Kino sein, weit weg von purer Unterhaltung, nicht im Würgegriff vom erzwungenem Anspruch, beides in Kombination. Damals wegweisend, jetzt kaum weniger. Meisterwerk eines Mediums, das Kriege überdauert hat.


8,5 von 10 Opfern des Unsinns

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