Review: DER BIBER – Depression als Kasperletheater?



Fakten:
Der Biber (The Beaver)
USA, VAE. 2011. Regie: Jodie Foster. Buch: Kyle Killen. Mit: Mel Gibson, Jodie Foster, Anton Yelchin, Jennifer Lawrence, Riley Thomas Stewart, Zachary Booth u.a. Länge: 91 Minuten. FSK: Ab 6 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Walter Black (Mel Gibson) kann nicht mehr. Ihm ist alles zu viel. Job, Familie, sein Leben. Depression! Als er dann von seiner Frau (Jodie Foster) rausgeworfen wird, entschließt er sich zu sterben. Doch das klappt nicht so, wie er es sich vorstellt – er überlebt. Dafür findet er eine alte Biberhandpuppe und beschließt, mit ihrer Hilfe sein Leben neu zu beginnen. Er beginnt, nur noch über diese Puppe zu kommunizieren. Anfangs ist das für die Familie eine extrem merkwürdige Situation, doch Walter scheint tatsächlich große Fortschritte zu machen und blüht zunehmend auf.





Meinung:
„Hallo, ich bin der Biber. Und das ist Porters Vater.“


Depression gilt als Volkskrankheit. Aber keiner weiß so richtig, wie sich das äußert. Klar ist eigentlich nur, dass man dagegen ankämpfen muss. In „Der Biber“ wird dies auch gemacht. Aber nicht mit Hilfe einer Therapie, jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne. Denn Walter Black versucht nach einem gescheiterten Selbstmordversuch diese Krankheit auf seine eigene Weise in den Griff zu bekommen. „Seine eigene Weise“ meint hier, er lässt einen Biber für sich sprechen. Eine alte, irgendwie unheimlich aussehende Handpuppe. Für Walters Umfeld ist das natürlich zunächst lächerlich, sein älterer Sohn will überhaupt nichts mehr mit diesem Freak zu tun haben.


"Hallo, ich bin Biber und rette dein Leben!"
Aber tatsächlich, Walter Black scheint neuen Lebensmut gefasst zu haben. Er ist wieder fröhlich, aktiv, selbstbewusst, in seiner Spielzeugfirma sehr engagiert und auch seine Ehefrau nimmt ihn wieder bei sich auf. Alles nur durch den skurrilen Biber! Doch so einfach kann man gegen eine Depression nicht gewinnen. Denn ohne Biber kann er noch immer nicht. Und vielleicht noch schlimmer: Der Biber nimmt immer mehr Einfluss auf Walter und dominiert sein Leben. Und schon kann der wiedererstarkte Walter nicht mehr zwischen seiner Puppe und sich selbst unterscheiden. Der Biber und Walter verschmelzen, sie sind nicht mehr zu trennen, nicht mehr zu unterscheiden.


Diese Symbiose aus Mann und Biber, die meistert Mel Gibson hervorragend. Man könnte sogar so weit gehen, dass auch er gegen eine Depression ankämpft. Gegen seine Depression als Filmschaffender. Und das macht er gut. Der fliegende Wechsel zwischen vor Energie strotzendem Mann und depressivem Wrack meistert er, wie es scheint, spielend. Auch die übrigen Darsteller, unter anderem Anton Yelchin, Jennifer Lawrence und Jodie Foster, die auch auf dem Regieposten Platz genommen hat, machen ihre Sache ordentlich, auch wenn sie nicht nachhaltig im Gedächtnis bleiben dürften.


Walter und Biber finden wieder Zugang zur Familie
Dass Gibson mit seinem Comeback keinen Erfolg hat, liegt auch eher daran, dass die Geschichte zwar nett anzusehen ist und durch den Handpuppenbiber auch sogar einigermaßen originell erscheint, aber letztlich auch nicht anders ist als jede andere Familienproblemgeschichte. Da verlassen sich Eltern, kommen zusammen, verlassen sich wieder. Ein Teil der Kinder kann mit der veränderten Situation toll umgehen (meistens, weil sie noch klein sind), der andere, der ältere Teil hingegen gar nicht und schottet sich, hier eben vom Vater, ab, hat mit eigenen Problemen zu kämpfen. So wird eben auch eine Vater-Sohn-Beziehung eingeflochten, die man in dieser Form schon in und auswendig kennt. Und das Ende erscheint ebenso vorhersehbar.


Inszenatorisch macht Jodie Foster nichts falsch, handwerklich ohne Mängel, aber mehr als solide ist das eben auch nicht und es gibt kaum etwas im Film, an das man sich länger erinnern dürfte. Wäre da eben nicht der Biber. Eine Figur, die skurril, witzig, unheimlich, völlig merkwürdig und doch irgendwie passend ist. Wegen dieser ungewöhnlichen Idee, die dem standardisierten Familiendrama ungewohnte Komödien- und Thrillerelemente beisteuert, und wegen eines entfesselt und sehr gut spielenden Mel Gibson kann man sich diesen Film ohne Probleme ansehen.


6,5 von 10 Löcher in der Wand

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