Review: DON JON – Fap Me 2 Hell



Fakten:
Don Jon
USA. 2013. Regie und Buch: Joseph Gordon-Levitt, Scarlett Johansson, Julianne Moore, Tony Danza, Brie Larson, Rob Brown, Glenne Headly u.a. Länge: 90 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 17. März 2013 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Jon ist Single und genießt augenscheinlich sein lockeres Sexleben. Doch eigentlich findet er sexuelle Erfüllung nur dann, wenn er selbst Hand an sich anlegt. Als er sich in Barbara verliebt, diese aber eine ganz andere Vorstellung von Liebe hat als Jon gerät sei Leben zusehends aus den Fugen.




Meinung:
Jon (Joseph Gordon-Levitt) ist ein Jäger: Wenn das Blitzlicht aus der Stroboskoporgel durch den Club prescht und hämmernde House Music das Trommelfell langsam zum Platzen bringt, geht Jon auf Brautschau mit seinen zwei Kumpels und schnappt sich eine glücklich Auserwählte, die anschließend eine Nacht mit ihm in seinen penibel gepflegten Laken verbringen darf – Natürlich werden nur Damen mitgenommen, die - ganz den postmodernen Usus der stumpfen „How I Met Your Mother“-Generation entsprechend - einstimmig vom männlichen Trio mit einer 8 aufwärts bewertet wurden. Jon hat damit sein Ziel zwar erreicht, und dieses erreicht der attraktive junge Mann mit den italienischen Wurzeln ausnahmslos, doch geben ihm diese One Night Stands nicht die Befriedigung, die er sich ersehnt. Seine Quelle der Glückseligkeit nämlich befindet sich im World Wide Web, da, wo der Mensch als Objekt vermarktet wird und Frauen für jede Schweinerei zu haben sind: In den Weiten der Pornographie.


Selten: Jons Hände fassen jemand anderen an
Interessant ist das zentrale Thema von „Don Jon“ allemal, gerade weil die Sexualisierung unserer Zeit immer extreme Wellen zieht und eine Pornosucht inzwischen genauso der Normalität entspricht, wie der grausige Sturz in die Untiefen des Alkohols, wenngleich Letzteres in der Allgemeinheit viel präsenter scheint und daher auch ausgeprägter diskutiert wird. Joseph Gordon-Levitt, seines Zeichens auch verantwortlich für Drehbuch und Regie, hingegen schert sich wenig darum, seinen Film unter der Deklaration 'Problemfilm' konsequent zu verkaufen wie zu behandeln und dem Suchtverhalten des von ihm verkörperten Jon so auch bis in die schwarzen Winkel seiner Seele zu folgen. Es wird deutlich, dass Jon ein Problem hat, so zwanghaft er seinen Laptop aufklappt und die Pornolinks in die Tasten hämmert, um sich in den Clips und Bildern langsam fallen zu lassen. Nur wie tief ist dieser Zwang bereits verankert? Inwiefern ist Jon noch fähig, eine zwischenmenschliche Beziehung aufzubauen? Wie extrem erscheinen seine Bindungsängste?


Joseph Gordon-Levitt geht dem Ernst der Lage immer genau dann aus dem Weg, wenn es wirklich schwierig werden könnte und ein gewisses Fingerspitzengefühl nötig gewesen wäre, gerade aus psychologischer Sicht. Stattdessen setzt man Jon mit Barbara (Scarlett Johansson) eine Sexbombe vor die Nase, die sich aber gar nicht ihrem Aussehen entsprechend verhält, sondern die Sache langsam angehen lassen möchte, um herauszufinden, ob ihr und Jon eine Zukunft vergönnt ist. Jon willigt ein, aber nur, weil er sich den 'Sex seines Lebens' mit der kurvigen Blondine ausgemalt hat. Natürlich aber kommt es zur Enttäuschung und Jon zieht sich zurück zu seinen digitalen Ladies, die wissen, wie lange ein Blowjob dauern muss, die es nicht nur in Missionarsstellung wollen, sondern auch mal Doggystyle bevorzugen und den Mann letztendlich auch noch auf sich abspritzen lassen. In dieser Welt wird Jon verstanden und kann sich komplett gehen lassen. Und weiter? Denn genau an diesen Punkten bewegt sich „Don Jon“ nicht mehr weiter.


Wer ist hier Boss?
Dabei ist es Levitt nicht einmal nachteilig anzurechnen, auch wenn es für das Konzept schon reichlich hinderlich erscheint, seinen Film unter der jugendfreien Flagge segeln zu lassen, dass er sich seinen Frivolitäten nicht konsequent stellt und in seinen Bild fortwährend furchtbar brav daherkommt. Viel schlimmer ist, dass „Don Jon“ sich nicht nur der amerikanischen Prüderie anbiedert, in dem er anfangs zwar eine Leichtigkeit im Umgang mit seiner Thematik vorgibt und auch vor religiösen wie familiären Bezugspunkten mit seinem legeren Augenzwinkern keinen Halt macht, sich am Ende aber doch genau der Bigotterie anpasst, die die Masturbation – selbst in einem 'geregelten' Rahmen - als Sünde darstellt und ganz dem Muster einer romantischen Komödie verteufelt. Jon muss von seinem Wichsfluch befreit werden, in dem er eine Frau kennenlernt, die im Leben nichts mehr zu verlieren hat und ihm zeigt, wie man auch mit geschlossenen Augen beim Geschlechtsverkehr einen Orgasmus bekommt.


Die Pornos werden schlagartig aus dem Fokus geräumt, als hätte Jon sich nie in diesem Kosmos bewegt und sich nicht bis zu 11 Mal am Tag vor sämtlichen Filmchen onaniert. „Don Jon“ ist eben doch ein weiteres Mainstreamprodukt, was sich unter einem anderen Deckmantel vermarkten möchte, durchzogen von schematisch geschrieben Charakteren, die sich aus dem spröden Dunstkreis der auferlegten Ideologie des Regisseurs nicht zu befreien wissen. Entwicklungen geschehen so sprunghaft, aber von echter Verzweiflung, von echter, introspektiver Tragik, wie sie bei einem echten Suchtverhalten, vollkommen egal welcher Art, nun mal ausnahmslos auftreten, ist in „Don Jon“ keine Spur. Natürlich, Levitt möchte unterhalten und eine ernste Angelegenheit mit komödiantischen Elementen auflockern, dafür vergreift er sich aber nicht nur einmal furchtbar im Ton und treibt hinaus so ins Nirgendwo, wo das Beten noch den mit Sperma verkrusteten Geist befreit und die Liebe als Erlösung vor den bösen, bösen Pornos wartet.


4 von 10 verklebten Hosen


von souli

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