Review: LOVELACE – Amerikas Schwanzlutscherin Nummer 1 im Fokus

Keine Kommentare:



Fakten:
Lovelace
USA. 2013. Regie: Rob Epstein, Jeffrey Friedman. Buch: Andy Bellin.
Mit: Amanda Seyfried, Peter Sarsgaard, Sharon Stone, Robert Patrick, Juno Temple, Chris Noth, James Franco, Wes Bentley, Adam Brody, Eric Roberts. Bobby Cannavale, Hank Azaria, Debi Mazar, Cory Hardict, Chloe Sevigny u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Ein streng religiöses Elternhaus schützt nicht vor einer Karriere in der Pornobranche. Das muss Linda Lovelace erfahren, die von ihrem Gatten  überredet wird im Porno „Deep Throat“ mitzuspielen, der im Jahre 1972 zu einem Kassenhit wird. Linda wird zur Vorzeigeaktrice und genießt naiv den Rummel um ihre Person, doch nach und nach muss sie erkennen, dass sie nur benutzt wird.




Meinung:
Die potenten Legenden ranken um Gerard Damianos Hardcore-Manifest „Deep Throat“ wie Lianen um die mächtigen Zypressengewächse der tropischen Regenwälder. Kein Film dieses Metiers konnte für einen solchen Wirbel sorgen und kein Pornofilm schaffte erneut den Einzug in die prüde Philosophie der geordneten Familienverhältnisse aus aller Welt. „Deep Throat“ ist in seiner globalen Disposition so imposant, dass es sich dabei eigentlich nur um einen perfiden Mythos halten konnte. Doch das Fellatio-Wunderwerk ist so real, wie es auch in unserer Popkultur präsent ist, und entzückte 1972, zur Zeit der sexuellen Revolution, die Zeit des Umbruchs, in der auf Pornos nicht mehr nur in Bahnhofsvierteln oder Nischenkinos nach Mitternacht heimlich masturbiert wurde, „Deep Throat“ bahnte jenen Weg in die großen Theater und wurde zum kollektiven Ereignis, Millionen von Menschen. Was liegt also näher, als ein Event dieser Couleur filmisch aufzubereiten?


Linda und ihr Gatte Chuck bei der Karriereplanung
Mit Rob Epsteins und Jeffrey Friedmans Biografie „Lovelace“ ist nun genau dieser Fall eingetroffen und darf sich, nach der Dokumentation „Inside Deep Throat“ von 2005, als zeitnahe Referenz an den Kult titulieren lassen. Und natürlich kann es ein interessantes Projekt sein, den kurzen, aber doch so nachhaltig prägenden Pfad von Linda Lovelace, im Bürgerlichen eigentlich Linda S. Boreman, zu rekonstruieren und Einblicke in die verschiedensten Strukturen, Überzeugungen und Systeme dieser Tage zu richten: Wie reagiert die bigotte Gesellschaft auf eine solche Welle an offenherzigen Frivolitäten? Wie läuft es wirklich hinter den Kulissen bei einem solche Dreh ab? Wie wirkt sich die Partizipation an einem solchen Film auf die Familie aus? Während Paul Thomas Anderson in seinem diffizilen Meisterwerk „Boogie Nights“ nicht nur an den Wert der Menschlichkeit erinnerte, der von Außenstehenden in Bezug auf dieses Geschäft oft vergessen wird, sondern die Crew auch als eine große Familie erklärte, ist „Lovelace“ zu eindimensional in seiner zwischenmenschlichen Symmetrie.


Auch Hugh Hefner entdeckt Linda für sich
Soll heißen: Wer wirklich etwas über die Produktion und die involvierten Persönlichkeiten im Einzelnen erfahren möchte, der stößt auf schematische Charakterkonstellationen, die nicht durch ihre Tiefe glänzen, sondern dank ihrer Darsteller bei Laune halten. Amanda Seyfried ("Jennifer's Body") als Hauptdarstellerin Linda Lovelace ist zwar kein Lichtblick und sichtlich verkrampft darin, ihren Part akkurat zu erfüllen, dafür aber ist Peter Sarsgaard ("Green Lantern") als brutal-manipulierender Ehemann Chuck Traynor eine Wucht sondergleichen. Dass der Mann schauspielern kann, steht außer Frage. Das Sarsgaard aber so angsteinflößend präzise einen verachtenswerten Widerling ausfüllt, überrascht angesichts seiner sonstigen Rollenwahl umso mehr. Seine Performance rettet den Film immer wieder vor dem Stillstand, wenngleich auch ihm der nötige Facettenreichtum im Schwarz-Weiß-Gefilde des stumpfen Drehbuchs von Andy Bellin nicht vergönnt wird. Gleiches gilt aber für das gesamte Ensemble, das mit Namen wie Sharon Stone ("Basic Instinct") oder James Franco ("Spring Breakers") reichlich prominent aufwartet.


Wenn sich „Lovelace“ auf der Zielgeraden bewegt, dann wurde wenig über die einschneidende Spanne reflektiert und noch weniger das Innenleben der Protagonisten durchleuchtet. Atmosphärisch gelingt es „Lovelace“ zwar mit körnigem Zeitkolorit die richtige Stimmung zu erzeugen, doch berührend, informierend, ansprechend oder wirklich unterhaltsam ist das Geschehen schon nach 15 Minuten nicht mehr, dazu ist die Inszenierung und Narration zu fest in ihrer wackeligen Dramaturgie gefangen, die jeder Anarchie, die auch Attribut dieser Epoche war, entsagt. Es gibt jedoch eine Szene, in der Linda mit ihrem Vater (gespielt von Robert Patrick) telefoniert und dieser ihr sagt, ihren Film gesehen zu haben, die echte Emotionen entfaltet und aufzeigt, in welche Richtung das Ganze hätte steuern müssen. Letztlich werden Entwicklungen im Eilschritt abgehakt, aber nicht argumentativ unterlegt, es geschieht, was geschehen ist, mit fiktiver Bereicherung ausgestattet. Da kann auch in ein gelungener Gegenschnitt nicht helfen, der der rosaroten Welt aus Ruhm und Glanz in der Mitte des Films in ihr wahres Gesicht blicken lässt.


4 von 10 oralen Penetrationen


von souli

Review: OLDBOY - Ein Epos über Rache, Gewalt und Selbsterkenntnis

Keine Kommentare:



Fakten:
Oldboy (Oldeuboi)
Südkorea. 2003. Regie: Park Chan-wook. Buch: Park Chan-wook, Hwang Jo-yoon. Mit: Choi Min-sik, Yoo Ji-tae, Kang Hye-jeong, Lee Seung-Shin, Yuu Jin-seo, Kim Byeong-ok u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Oh Dae-su, ein durchschnittlicher Geschäftsmann und Familienvater, wird aus heiterem Himmel und ohne erkennbaren Grund entführt und in einen Raum ohne Fenster gesperrt. Lediglich den Fernseher hat er als Blick in die Welt hinaus. Nach genau 15 Jahren wird er freigelassen. Und für Oh Dae-su gibt es von da an nur zwei Gedanken: Rache für diese 15 Jahre Folter und die Fragen, von wem und vor allem warum ihm dieses grausame Schicksal angetan wurde. Und so fragt und kämpft er sich durch Korea, auf der Suche nach der Wahrheit.





Meinung:
„Rache ist für dich das beste Heilmittel. Aber was wird geschehen, nachdem du dich gerächt hast?“


Rache. Rache für 15 Jahre. Für 15 Jahre, in denen die Hauptfigur Oh Dae-su in einem kleinen Zimmer eingesperrt war. Für 15 Jahre, in denen er sich gefragt hat, warum er dort festgehalten wird. 15 Jahre, in denen er Hass auf diesen unbekannten Entführer aufgebaut hat. Und nun, als er nach 15 Jahren freigelassen wurde, da will er diesen aufgestauten Hass in einem gewaltigen Racheakt ausleben. Und ganz nebenbei will er eine Antwort auf die Frage, warum ausgerechnet er ein solch qualvolles Schicksal erleiden musste.


Oh Dae-su und Mi-do auf einer gefährlichen Schnitzeljagd
Schockierend und fesselnd zugleich erzählt Regisseur Park Chan-wook die Suche von Oh Dae-su nach seinem Entführer und nach den Hintergründen. Park zeigt aber auch, zu welchen Handlungen, zu welchen abscheulichen Taten der Mensch fähig ist. Einerseits durch sein Gemüt selbst, andererseits durch die Umstände, durch Provokation, durch Hass, durch Rache, durch Verzweiflung. Der koreanische Regisseur schaut tief in die Abgründe der menschlichen Seele hinab. Und er fragt uns dabei auch: wie würde wir handeln. Wie reagieren wir, wenn wir den scheinbar grundlos entführten Oh Dae-su beobachten, wenn er seine Gegner abschlachtet. Sind wir für ihn, diesen Mörder? Oder doch gegen ihn. Würden wir ähnlich handeln? Oder das alles zumindest gutheißen? Verständnis aufbringen? Egal wie man diese Fragen beantwortet, Park schafft es, dass wir Zuschauer und mit uns selbst und mit unserer Position beschäftigen. Mit der Frage nach dem Richtig und Falsch. Und mit der Frage nach dem moralischen Richtig und Falsch.


Dabei hilft aber auch das fantastische Schauspielensemble, denn nur so können wir uns in die aufgezeigten Abgründe und Zwiespalte einführen. Besonders Hauptdarsteller Choi Min-sik sticht hier heraus. Und, um nicht zu untertreiben, es ist eine der eindringlichsten Darstellungen, die man je in einem Film erleben konnte. Choi spielt alles mit einer solch großen Intensität, so glaubhaft. Egal ob er am Boden zerstört ist, triumphierend grinst oder mutig ist wie ein Panther. Seine Zerrissenheit ist genauso echt wie seine Liebe. Er kann cool wie ein Eisblock sein, im nächsten Moment aber schon wieder flehend, in sich versunken oder brutal. Grandios. Doch auch die Nebendarsteller bringen Kälte und Wärme gleichermaßen rüber. Yoo Ji-tae zum Beispiel, besonders in seiner letzten Szene im Film – fantastisch.


Mit einem Hammer schlägt er sich zur Wahrheit.
Der Film wird in perfekten Bildern gezeigt. Kameraeinstellungen, die den Darstellern oft zentral ins Gesicht blicken, in ihre Augen und oft noch viel weiter in ihr Inneres. Einsatz von Licht, von Schatten, von Effekten, die die Stimmung der jeweiligen Situation zu uns bringen. Ästhetik pur. Untermalt mit einer unglaublich vielfältigen Musik. Mal moderne, elektronische Klänge, dann wieder Streicher, manchmal modern und klassisch gemischt und dann kommen hin und wieder gar keine Instrumente zum Einsatz und die Geräusche können ihre Wirkung selbst entfalten. Dazu kommen fantastisch choreographierte Actionsequenzen, die einerseits übertrieben, andererseits von roher Gewalt, von absoluter Brutalität durchzogen sind. Überhaupt, der Film besteht aus einer Reihe von Szenen, die wohl unvergessen bleiben werden. Wenn Oh Dae-su einen lebenden Kalmar verspeist, seine wahnsinnige Verzweiflung gegen Ende, das Messer im Rücken – eine Szene denkwürdiger und ikonischer als die andere.


Oldboy ist ein Film, der beim Zuschauer Ekel und Hass, Abscheu und Mitleid, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, Verständnis und Schockmomente hervorruft. Es ist ein Film, der dem Zuschauer nicht nur einen Tiefschlag versetzt. Ein Film, der den Zuschauer über sein eigenes Verhalten nachdenken lässt, der ihn normalerweise niemals kalt lassen kann, der ihn aufwühlt, beschäftigt. Ein Film, der ihn visuell, strukturell, erzählerisch und emotional orgasmiert. Oldboy ist ein Meisterwerk.


„Auch wenn ich schlimmer bin, viel schlimmer bin als jedes Tier, hab ich nicht wenigstens das Recht zu leben?“


10 von 10 mysteriöse Fotoalben

Review: BUTTERFLY EFFECT 2 & 3: Katastrophe & Überraschung

Keine Kommentare:


Fakten:
Butterfly Effect 2 (The Butterfly Effect 2)
USA, 2006. Regie: John R. Leonetti. Buch: Michael D. Weiss. Mit: Eric Lively, Erica Durance, Dustin Milligan, Gina Holden, David Lewis, Andrew Airlie, Chris Gauthier, Susan Hogan, JR Bourne, Lindsay Maxwell u.a. Länge: 89 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Nick überlebt einen schweren Autounfall, seine Freundin Julie und seine besten Freunde haben weniger Glück. Ein Jahr nach dem tragischen Erlebnis entdeckt Nick eine übernatürliche Fähigkeit: Wenn er ein Foto von sich betrachtet, kann er zu genau diesem Punkt in die Vergangenheit zurück springen. So gelingt es ihm, seine Freunde in letzter Sekunde zu retten und sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Alles läuft bestens, doch dann versucht er, auch noch andere Dinge der Vergangenheit "zu verbessern", mit fatalen Folgen.





                                                                   

Meinung:
J. Mackye Gruber & Eric Bress gelang 2004 mit "Butterfly Effect" ein überraschender, kreativer Mystery-Thriller mit einer hochinteressanten Grundidee. Diese greift die billige DTV-Fortsetzung wieder auf, mehr allerdings nicht. Um solche Pseudo-Sequels sollte in der Regel ein großer Bogen gemacht werden, bestes Beispiel.

Da blutet das Hirn, verständlich.
Lebte das "Original" (verbittet sich fast im Zusammenhang mi diesem Schrott) noch von seinem Tempo, Ideenreichtum und clever durchdachten Skript, versagt diese Gurke in jeglicher Hinsicht. Mit blassen Nichtskönnern besetzt (wann hat man sich schon mal nach Ashton Kutcher gesehnt?), billig abgefilmt und schon fast beschämend einfallslos wird die (immer noch) potenzialreiche Idee völlig unter Wert verhökert. Hier wird nicht wild hin und her durch die Zeit gesprungen, um diverse "Schönheitsfehler" korrigieren zu wollen (und im Gegenzug eine Katastrophe nach der anderen heraufzubeschwören), das geschieht genau drei Mal. Dazwischen passiert eine gefühlte Ewigkeit überhaupt nichts, was auch nur ansatzweise von Interesse ist, außer es gelingt einem tatsächlich, Sympathie für einen blöden Möchtegern-Yuppie aufzubringen. Gut, aber selbst dann, Spannung definiert sich doch noch "leicht" anders. Selbst diese lahme Geschichte um Fremdvögeln, Karrieresprünge und wütende Knochenbrecher-Investoren hätte eventuell einen minimalen Reiz haben können, wenn das Szenario um Zeitsprünge und Vergangenheitsmikado nur grob effektiv genutzt werden würde. Zwischenzeitlich scheint Autor Michael D. Weiss vergessen zu haben, was er damit alles anstellen könnte. Zum Schluss fällt es ihm wieder ein. Wie war das gleich in Teil 1, Sekunde....ach ja, so was in der Art funktioniert bestimmt. Oh Gott, aber doch nicht so!

 
Ein Unfall von einem Film.
Der finale Sprung, um alles wieder gerade zu biegen, toppt wirklich alles. Das ist Schwachsinn von vorne bis hinten. Es gebe locker ein halbes Dutzend besserer Ideen wie sich alles kitten ließe, und dann kommt das? Das hat eine große Chance auf den Preis für das dämlichste Filmende off all time. Rundet den Schmetterlingsschiss auf seinem niedrigen Gesamtniveau wenigstens konsequent furchtbar ab. Viel erwarten ließ sich von so einer Produktion ohnehin nicht, nur wie schauderhaft hilflos und unfähig hier wirklich ALLES ignoriert und versemmelt wird, ist schon ein starkes Stück. Pure Abzocke für den DVD-Markt. Da würde man sich glatt einen Sprung zurück in die Zeit wünschen. Scheiß auf die Konsequenzen, es kann nur besser werden.
1,5 von 10 Billig-Sequels.

                                                


Fakten:
Butterfly Effect 3: Die Offenbarung (The Butterfly Effect 3: Revelations)
USA, 2009. Regie: Seth Grossman. Buch: Holly Brix. Mit: Chris Carmack, Rachel Miner, Melissa Jones, Kevin Yon, Lynch Travis, Sarah Habel, Mia Serafino, Hugh Maguire, Richard Wilkinson, Chantel Giacalone u.a. Länge: 87 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich. 

 
Story:
Sam Reide beherrscht die Fähigkeit, zu einem beliebigen Punkt in die Vergangenheit springen zu können. Dieser Vorgang ist jedoch nicht ungefährlich, für seine Gesundheit wie die Geschichte, die bei jedem Sprung droht in neue Bahnen gelenkt zu werden. Daher beherzigt er in der Regel den dringlichen Rat seines väterlichen Freundes Goldburg: Nur beobachten, nicht eingreifen. Sam hilft der Polizei dadurch bei der Aufklärung von Mordfällen. Doch bei einem Fall, dem seiner vor zehn Jahren ermordeten Freundin, verletzt er diese Regel, mit katastrophalen Folgen. Unfreiwillig hat er einen Serienkiller erschaffen. Sam versucht durch weitere Sprünge seinen Fehler wieder gut zu machen, doch es wird nur noch viel schlimmer...


                                                                  

Meinung:
Überraschung: Nach dem indiskutablen ersten Sequel zu "Butterfly Effect" schafft es dieser Teil, doch erstaunlich anständig zu unterhalten. Um die Kirche im Dorf zu lassen: Selbstredend ist auch das nur ein reines Fließbandprodukt für den Video-Markt, nicht sehr aufwendig produziert und hakt an einigen Stellen gewaltig. Doch zumindest ist es nicht langweilig, hat einige brauchbaren Ideen im Gepäck und nutzt wenigstens seine Thematik ausgiebig, was Teil 2 so gar nicht auf die Kette bekommen hat. Im Gegensatz zu dem ist das schon fast pures Gold.

 
Wer so viel springt wird durstig.
Was bereits in den ersten Minuten auffällt: "Revelations" ist deutlich düsterer angelegt und scheut sich nicht vor der ein oder anderen derben Gewalteinlage. Den roten FSK-Flatschen trägt der Film nicht unberechtigt, es wird stellenweise erstaunlich zünftig. Die Produktionsfirma AFTER DARK FILMS ist ja eh eher bekannt für Thriller und Horrorfilme im B-Movie-Sektor, da passt dieser Schmetterling gut rein. Die Grundidee um Sprünge in die Vergangenheit und missratene Fehlerkorrekturen wird für einen Serienkillerfilm genutzt, gar kein schlechter Ansatz. Dabei wird das Prinzip der Zeitsprünge deutlich abgeändert, verglichen mit dem Original und der scheußlichen ersten Fortsetzung. Es werden keine Tagebücher, Fotos oder sonstige Fixpunkte mehr benötigt, nur ein bestimmter Zeitort- und punkt. Offensichtlich, oder auch nicht. Da wären wir schon bei einem klaren Manko des Streifens: Er hält sich überhaupt nicht an gewisse Regeln, stolpert gerne und oft über seine eigene, innere Logik und jegliche Erklärungsansätze werden wenige Momente später wieder egalisiert. Wer sich an so was zu sehr stört, dürfte Probleme bekommen, aber nicht zu knapp. Das Skript legt scheinbar nicht viel Wert auf so was, spricht wohl für eine eher schnelle Produktion, ist dafür reckt knackig geraten. Längen sind nicht vorhanden, das geht flott von der Hand und wer zu ausgiebig nachdenkt, verpasst schnell etwas. Der Faktor Unterhaltung steht im Vordergrund und das gelingt dieser DTV-Produktion im ansprechenden Maß. 

 
Ein schönes Eisbad
Ließ der direkte Vorgänger erschreckend viele Möglichkeiten fahrlässig links liegen, macht "Revelations" recht viel Dampf. Es wird gesprungen, gegen jeden guten Ratschlag wild herum "verbessert", mit entscheidenden Folgen. Dadurch verliert der Film nie seinen Drive und das Interesse des Zuschauers bleibt bis zur (gar nicht mal so doofen) Auflösung durchgehend erhalten. Die blutigen Einlagen wirken dabei jedoch etwas übertrieben-aufgesetzt, schlicht um den Blutdurst gewisser Zuschauer zu stillen. Etwas wüst-splatterig, hätte der Film an und für sich gar nicht nötig. Ja, mit etwas mehr investierter Zeit für den Dreh und insbesondere das Skript, das Teil hätte doch tatsächlich richtig gut werden können.

 
Im Endeffekt: Sicher kein Film, den man gesehen haben muss, aber verglichen mit dem ganzen Voll-Schrott, der einem sonst so als "Sequel" von Erfolgsfilmen versucht wird unterzujubeln, geht der hier erstaunlich in Ordnung. Als reine Berieselung für den Abend auf der Couch gar nicht so schlecht. Dafür gibt es einen halben Punkt extra.

 
5,5 von 10 Zeitsprüngen.

Review: FAHRSTUHL ZUM SCHAFOTT - Der perfekte Mord läuft schief

Keine Kommentare:
                                                   
Fakten:
Fahrstuhl zum Schafott (Ascenseur pour l'échafaud)
FR, 1958. Regie & Buch: Louis Malle. Mit: Jeanne Moreau, Maurice Ronet, Georges Poujouly, Yori Bertin, Lino Ventura, Jean Wall, Iván Petrovich, Charles Denner, Elga Andersen u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Ex-Soldat Julien Tavernier hat eine Affäre mit Florence, der Frau seines Chefs. Geschickt bringt er ihm um die Ecke und inszeniert das als Selbstmord. Der perfekte Mord. Leider begeht er in der Hektik eine Unachtsamkeit, was in einer Eigendynamik endet, die so keiner voraus sehen könnte.

 
                                                          

Meinung:
"Fahrstuhl zum Schafott" hat wirklich alles Voraussetzungen, um als großer Klassiker der Thriller-Genres seiner Zeit glänzen zu können. Es scheitert nicht an der Idee, nicht an der technischen Umsetzung, leider an sehr störenden Details, die immer wieder auffällig nerven und aus der Stimmung reißen. Ganz großes Kino zwischen Top und geht so, schade.

 
"Hallo...hallo...scheiße!"
Die Idee: Toll. Erinnert unweigerlich an die Filme, die Alfred Hitchcock zu der Zeit groß und unsterblich gemacht haben. Ein perfektes Verbrechen, dem der Zufall und die Fahrlässigkeit Stöcker in die Beine werfen, die zu einem unerwarteten Ende führen. Dabei mit einem sarkastischen, doppelbödigen Witz gekrönt. Du planst alles durch, es kann wenig schief gehen, aber genau das geht schief. Was darauf entsteht, ist die Katastrophe hoch zehn und am Ende musst du einen Mord vertuschen, der dir als Alibi für einen Doppelmord dienen könnte. Wow, was für eine brillante, perfide Idee. Was machst du, das eine, gerade so durchgegangene Verbrechen (welches du begangen hast) gestehen, um die Unschuld an dem anderen Verbrechen (an dem du unschuldig bist) zu beweisen? Eine absurde, böse Zwickmühle, die "Fahrstuhl zum Schafott" leider erst kurz vor Schluss konsequent ausspielt und vorher viel liegen lässt.

 
So schön geplant, so blöd gelaufen.
Denn handwerklich ist das großartig gemacht. Exquisit in Bild und Ton (ein wunderschön jazziger Score) wird eine eigentlich hochspannende Situation aufgebaut, die lange Zeit nur so nebenher läuft und in nicht mal 90 Minuten mit Längen zu kämpfen hat. Allein der titelgebende Fahrstuhl hätte einem Hitchcock (ja, er muss wieder genannt werden) für den ganzen Film gereicht, man stelle sich das mal vor. Würde funktionieren, wenn man es kann. Das will Louis Malle nicht, ist auch okay, sein Film braucht auch die Nebenhandlung (wenn man es so nennen kann), nur gerade da liegen die Störfaktoren. Ganz schlimm sind die Darstellungen der strunz-doofen Halbstarken, die eine tragende Rolle spielen. Wie 8jährige in den Körpern von (grob) Erwachsenen, Naivität wäre akzeptabel, aber das ist viel zu viel. Die wirken so extrem verblödet und lebensunfähig, das zerstört jede Glaubwürdigkeit. Zu blöd. Zweiter Schwachpunkt: Jeanne Moreau werden so theatralische Monologe und Dialoge in den Mund geschrieben, oh je. Nicht immer, aber teilweise ist das Drama de Luxe, fast schon albern. Leider, da der Film an vielen Stellen voll überzeugt und richtig gut inszeniert ist. Die deutlichen Schwächen (was vermeidbar gewesen wäre) raus, die Story noch etwas besser ausgearbeitet, ein Knaller.

 
Hach, so ein Ärger. Grandiose Idee, an und für sich super umgesetzt, aber Skript und diverse Stolpersteine sind so groß, mehr als recht gut ist da kaum drin. Aber immerhin. Ansehen wird niemand bedauern, außer man sieht das verschenkte Potenzial. Da wäre richtig viel möglich gewesen. Trotzdem ein guter Film der französischen Thriller-Kinos, der besonders zum Ende sehr gefällt, nur mit zu deutlichen Defiziten.


6,5 von 10 vergessenen Seilen.