Review: WIR SIND DIE MILLERS – Die etwas andere Bilderbuchfamilie



Fakten:
Wir sind die Millers (We're the Millers)
USA. 2013. Regie: Rawson Marshall Thurber. Buch: Rich Rinaldi, Dan Fyber, Steve Faber, Bob Fisher, Sean Anders, John Morris. Mit: Jason Sudeikis, Jennifer Aniston, Emma Roberts, Will Poulter, Ed Helms, Nick Offerman, Kathryn Hahn, Thomas Lennon u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Ab 30. Dezember 2013 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
David Burke, ein kleiner Drogendealer, dessen Broterwerb gerade so ausreicht, um im absoluten Stillstand dahin vegetieren zu lassen, verliert eine große Menge Gras und Geld, so dass ihm sein Boss die Hölle heiß macht. Um seine Schulden zurückzuzahlen soll David eine Lieferung Marihuana von Mexiko in die USA schmuggeln. Damit der Coup möglichst unauffällig vonstattengehen kann, gibt sich David zusammen mit der Stripperin Rose, der Ausreißerin Casey und dem jungfräulichen Nachbarssohn Kenny als die amerikanische Durchschnittsfamilie schlechthin aus.




Meinung:
Mit „Voll auf die Nüsse“ hat Rawson Marshall Thurber sein komödiantisches Talent im Jahre 2004 bereits bewiesen: Das irrsinnige Ben Stiller-Vehikel verfügte über ein überraschend treffsichere Gagquote und konnte seinen Film insgesamt, trotzdem pubertärer Plattitüden, immer im sympathischen wie unterhaltsamen Rahmen behalten. Natürlich war das alles Lichtjahre entfernt von der anarchischen Klasse eines „Das Leben des Brian“ oder auch von Loriots Spielfilmprunkstück "Pappa ante Portas". Aber in einer Zeit, in der nur vulgäre Rohrkrepiere und furchtbare Debile Parodien den Comedymarkt bestimmten, war „Voll auf die Nüsse“ schon ein kleineres Highlight und ließ in Thurber durchaus künstlerisches Talent erkennen, sowohl als Autor, als auch auf dem Regiestuhl. Nach dem lauen Urlaubsfilmchen "Ein verhängnisvoller Sommer" mit Sienna Miller meldet sich Thurber nun mit einer waschechten Komödie mit namhafter Besetzung in den Kinos zurück.


Mama Miller bei der Arbeit
Jedoch kann Rawson Marshall Thurber den Erwartungen mit „Wir sind die Millers“ , gemessen an seiner liebenswerten Chaos-Komödie „Voll auf die Nüsse“, nicht standhalten. Bereits bei der Besetzung fällt ein Name negativ auf: Jennifer Aniston. Keine Frage, in ihrem Kosmos, den weichgespülten RomComs für verzweifelte/verträumte Hausfrauen, ist sie die Chefin im kinematographischen Ring und konnte sich dank geschätzter 30-fachen Wiederholung der selben Rollen auch komplett in ihre platten Charaktere einleben. Seit „Kill the Boss“ versucht Frau Aniston allerdings ihren Ruf aufzupolieren und verkörperte schon dort eine notgeile Zahnarztassistenten. Es ist daher auch kaum verwunderlich, dass sie in „Wir sind die Millers“ eine Nachtclubstripperin spielt, ebenso wenig schockiert es, dass man ihr als Zuschauer zu keiner Sekunde die Rolle abkauft. Besser, weil glaubwürdiger ist da schon Jason Sudeikis, der für seinen schmierigen Chef (Gespielt von Ed Helms) eine ordentliche Lieferung Gras aus Mexiko in die Staaten schmuggeln. Gleiches gilt auch für Will Poulter und Emma Roberts als „Kinder“ der gefakten Bilderbuchfamilie Miller.


Was weiterhin auffällt, ist, dass der gesamte Cast aus verschiedenen TV-Serien entsprungen ist. Seit Jahren versuchen Fernsehproduktionen die Klasse von Kinofilmen zu erreichen; und sie kommen tatsächlich nahe ran, ob wir da von „Breaking Bad“, „Sons of Anarchy“ oder „The Wire“ reden. Ein logischer Schritt ist es demzufolge auch, Serienstars auf die Leinwände aller Welt zu befördern, nur geht dieser Plan nicht immer auf. Während Bryan Cranston auch in Spielfilmen überzeugt, wirkt ein Michael C. Hall immer furchtbar fehlbesetzt. Dass es in einem Film der Marke „Wir sind die Millers“ nicht auf schauspielerische Qualitäten ankommt und niemand – wie im Abspann mit einem Augenzwinkern aufs Korn genommen wird – einen Oscar für ihre Performances ergattern wird, ist unzweifelhaft. Sie müssen nur ansprechend für den Zuschauer besetzt sein; etwas eigenwillig, aber immer greifbar, egal zu welchen überzogenen Handlungen sie vom Drehbuch animiert werden.


Hand auflegen im "Wir sind die Millers"-Style
„Wir sind die Millers“ ist eigentlich auch vorerst kein schlechter Film, beweist Rawson Marshall Thurber doch mit seiner temporeichen Inszenierung, dass Langeweile ein Fremdwort für ihn ist, wirft mit seichten Zoten um sich und lässt seine gefälschte Familie in allerhand verrückte, aber (leider) nie makabre Situationen stolpern. Wer Subtilität sucht, der ist fehl am Platze, vom humoristischen Feinsinn ist „Wir sind die Millers“ genauso weit entfernt, wie Michael Haneke von einem Auftritt zur Kinderbelustigung im Legoland. Nur stört dieser Hau-Drauf-Humor gar nicht, passt er doch in das stumpfe Konzept, problematisch ist nur, dass Thurber und die sechs Drehbuchautoren kein Bisschen Mut besitzen und sich doch viel lieber den Konventionen der stereotypischen Komödienmuster Hollywoods anbiedert. All die niveaulosen Tiefschläge, dienen hier nicht der kettensprengenden Befreiung vom staubigen Standard, sondern biegen letztlich rückhaltlos in die Einfahrt des familiären Konservativismus ein.


Fazit: Zoten, Plattitüden und jede Menge Penis-Titten-Arsch-Witzchen. Zu Anfang ist das sogar auch recht unterhaltsam, weil Regisseur Rawson Marshall Thurber und sein Drehbuchteam wissen, wie sie die Figuren in dem transparenten Konzept anzuordnen haben, ohne sich selbst lächerlich zu machen. Allerdings hält das nicht über die gesamte Laufzeit, in der letzten halben Stunde verliert sich „Wir sind die Millers“ dann doch ausnahmslos in den schnöden Konventionen biederer Hollywoodkomödien. Kann man sich mal anschauen, gibt Schlimmeres, aber bereichernd ist das Ganze zu keiner Sekunde.


4,5 von 10 mütterliche Zungenküsse


von souli

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