Review: BRONSON - Immer auf die Fresse



Fakten:
Bronson

GB, 2008. Regie: Nicolas Winding Refn. Buch: Brock Norman Brock, Nicolas Winding Refn. Mit: Tom Hardy, James Lance, Matt King, Amanda Burton, Kelly Adams, Katy Barker, Johnny Phillips, Andrew Forbes, Juliet Oldfield u.a. Länge: 93 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:


Mit 22 Jahren überfällt Michael Petersen ein Postamt, erbeutet knapp 27 Pfund und wird dafür zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Beginn einer beispiellosen Knastkarriere. Gewalt, Geiselnahmen, brutale Schlägerein mit den Wärtern, Michael geht nicht nur keiner Konfrontation aus dem Weg, er zettelt sie an. Aus den 7 Jahren werden über 30, davon ein Großteil in Isolationshaft. Aus dem Michael Petersen wird "Charles Bronson", der gewalttätigste Sträfling Großbritanniens.






Meinung:

Die Geschichte des bis heute inhaftierten Michael "Charles Bronson" Petersen ist wie geschaffen für einen klassischen Biopic, eine Charakterstudie, eben das, was sonst aus solchen Vorlagen gemacht wird. Nicolas Winding Refn („Drive“, „Only God Forgives“) entfernt sich bewusst von diesem typischen Konzept, was einerseits löblich, andererseits aber auch die Schwäche seines Films ausmacht.

Teuflisch sympathisch: Bronson

Der Werdegang von Petersen vom aggressiven Kleinkriminellen zum psychotischen Monster wird zwar geschildert, doch eine Form der Charakterisierung findet dabei eigentlich gar nicht statt. Bis auf die offensichtliche Tatsache, dass der Kerl nicht mehr alle Latten am Zaun hat, erfahren wir praktisch nichts über Bronson, außer einigen nakten Fakten. Der Mensch hinter dem wütenden Raufbold bleibt ein großes Fragezeichen, die Geschichte ein reiner Ablauf von (wahrscheinlich) wahren Geschehnissen, das ist selbst über überschaubare 90 Minuten fast etwas ermüdend, nicht sonderlich interessant, wie eine bewegte Dia-Show vom letzten Urlaub, wo ein Schnappschuss nach dem anderen präsentiert und das etwas kommentiert wird. Darauf reduziert ist "Bronson" eher misslungen. Allerdings geht es Refn darum auch nicht wirklich, seine Herangehensweise ist halt ganz anders. Sein Film ist kein "normaler" Biopic und will dies auch nicht sein.



Ein Clown und leidenschaftlicher Irrer

Das beginnt schon damit, dass der Protagonist uns in Zwischensequenzen auf einer Theaterbühne durch das Geschehen führt. Eine interessante Idee, die zum allgemein grotesken Stil passt. Refn setzt auf Skurrilität, lässt Tom Hardy voll oben drüber gehen (aber mal so richtig!), diese Chance nutzt er eindrucksvoll. Ohne Hardy wäre der Film nicht mal die Hälfte wert. Was für eine Performance. Aufbrausend, wahnsinnig, unfassbar präsent, ein gewaltiger Auftritt, der eher einer Satire gleicht als einer ernsthaften Verkörperung einer realen Person. Das findet sich auch in Refns Inszenierung wieder. Man stelle sich mal manche Szenen so vor: Schwarz-Weiß, mit abgegrabbelten Bild, heiter Musik im Hintergrund. Könnte eine Stummfilmkomödie sein, so überspitzt wirkt es zum Teil, da würde auch Hardy perfekt reinpassen. Das ist gar keine Kritik, im Gegenteil, fand ich super. Das ist sehr gewagt, aber genau das macht die an sich wenig packende Story dann doch interessant. Einiges ist so schräg und fast schon saukomisch, allein dieser Disco-Abend in der Klapsmühle mit Pet Shop Boys Musik, toll. Audio-visuell lässt sich Refn nicht lumpen, speziell die Zusammenstellung des Soundtracks ist richtig stark. Ja, das kann der Mann, keine Frage.



Alles in allem ein Film mit vielen Schau- und Hörwerten und einem grandiosen Hauptdarsteller, der dafür aber die Geschichte doch viel zu sehr vernachlässigt. Wie gesagt, war wohl auch so geplant, nur mir reicht das unterm Strich nicht für eine klare Empfehlung. Aber ausprobieren tut nicht weh und allein schon Hardy sollte man gesehen haben.


6,5 von 10 ausgeknockten Wärtern

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