Specials: Oscars 2013 - Unser Fazit



Der rote Teppich wird wieder eingerollt, die meterhohen Oscar-Statuen eingepackt und in irgendwelche Hangars verfrachtet und die Verleihe drucken fleißig DVD-Cover mit dem Aufdruck „Ausgezeichnet mit …Oscars“. Die 85. Verleihung der Academy Awards ist vorbei. Ein kurzes Fazit: Ja, war gut. Aber nicht alles, dafür war anderes wiederum wirklich toll.



Zu den Faktoren des großen Oscar-Abends die wirklich geglückt waren zählt zweifelsohne Seth MacFarlane (siehe Foto). Der „Family Guy“- und „Ted“-Schöpfer moderierte mit teils scharfem Witz, hatte Rhythmus und wirkte lebendiger als seine Vorgänger. Ganz klassisch hatte er als Host zu Beginn seine große Stunde. Egal ob der mit Cpt. Kirk in die Zukunft schaute, ein Paar Socken Szenen aus „Flight“ nachspielten oder er der anwesenden Darstellerinnen-Riege via Musicalnummer bekannt gab:„we saw your boobs.“ Das war alles etwas frecher, wenn auch für MacFarlanes Verhältnisse immer noch recht soft. Es passte aber wunderbar. Nur leider mussten ja irgendwann auch diese goldenen Figuren mit dem Schwert vorm Intimbereich vergeben werden. Dazwischen blieb kaum noch Zeit für Gags oder ganz einfache Verschnaufpausen abseits des Preisregens und der Reklame, die sich traditionell zwar kurz hielt, aber dennoch ein echter Störenfried war.


Die 85. Oscarverleihung war keine schlechte Show, aber die Academy hält zu fest an alten Mustern und Gebräuchen. Es war zwar überaus gut, dass es keine zehn Filme die Chancen auf den Oscar für de besten Film hatten, aber jeden Film während der Show separat von einem Star noch einmal vorzustellen, meist auch noch auf sehr steife Art und Weise, bringt nicht wirklich etwas. Da wäre es doch ratsamer den Oscar fürs Lebenswerk wieder in die Zeremonie zu integrieren. Es fühlt sich einfach beschämend an, wenn verdiente Hollywood-Größen (dieses Jahr Hal Needham) mit kurzen Filmen von der separaten Verleihung abgespeist werden.


Die größte Überraschung des Abends war nicht der Auftritt der wunderbaren Shirley Bassey oder die verzichtbaren Schalte ins Weiße Haus zu der First Lady Michelle Obama, sondern die Musik. Ja, es wurde viel getanzt und gesungen, aber egal wie schmachtend und kraftvoll Hugh Jackman Töne ausstieß und Cathrine Zeta-Jones lasziv trällerte, der musikalische Eckpfeiler der Verleihung war das „Jaws“-Theme von John Williams, welches immer dann eingespielt wurde, wenn ein Sieger seine Redezeit (45 Sekunden) überschritt. Diese Musikauswahl besaß augenzwinkernde Selbstironie. Selten zuvor wurde während der Oscar so amüsant klar gemacht, dass hier vielleicht Träume in Erfüllung gehen, aber es gleichzeitig es auch um ein Big Business geht. Wer zu lange redet stört den Fluss des Geldes. Wunderbar. Hätte ich der recht selbstverliebten Academy nicht zugetraut. Nächstes Mal dann bitte die Musik von „Psycho“ oder „Spiel mir das Lied vom Tod“.

 

Selbstverständlich stehen nach der Show aber die Sieger und Verlierer im Fokus. Das Fazit dieser Oscars: Es fehlten ganz klar die wirklichen Überraschungen. Gewiss, es gab die eine oder andere Entscheidung die einige bezweifeln werden, aber das ist nun wirklich jedes Jahr so. Was de Oscars aber fehlte um sich rund anzufühlen war ein großer Sieger. „Life of Pi“ gewann zwar vier Goldjungs, aber darunter war nur ein Big One, der für Regisseur Ang Lee nämlich. Wenig überraschend war auch das Übergehen von Kathryn Bigelows „Zero Dark Thirty“, der auf unserem Blog mal gute und mal weniger gute Resonanz erhielt. Bei den Oscars bekam er lediglich einen Trostpreis für den besten Tonschnitt und musste sich den Thron innerhalb dieser Kategorie auch noch mit „Skyfall“ teilen. Ob Bigelows Thriller-Drama wirklich nicht gut genug war, oder ob die vom Film ausgeöste Folterdebatte (die, das muss ich hier loswerden mittlerweile groteske Züge annimmt) der Academy den Spaß am ankreuzen auf dem Bewertungsblatt nahm… wer weiß. Dennoch fühlt es sich nicht gut an, dass solch ein ambitionierter Film (fast) leer ausgeht. Vor allem Jessica Chastain hätte den Award verdient. Genau wie Emanuelle Riva für „Liebe“, der den Oscar für den besten fremdsprachigen Film ohne Wenn und Aber verdient hat. So wurde es eben Jennifer Lawrence für „Silver Linging“.


Bester Film wurde am Ende einer guten - wenn auch weit davon entfernt richtig überzeugend zu sein - Show Ben Afflecks „Argo“. Ich fand es wenig überraschend. Auch das Spielbergs „Lincoln“ nicht zum großen Abräumer wurde, fand ich angenehm. Sonst wäre dass alte Klischees wieder bestätigt wurden, dass Historienstoffe fast so sicher ein Academy-Erfolg sind wie Werke in denen Schauspieler einen Behinderten spielen.


2014 kann MacFarlane gerne wieder den Host machen. Gerne kann er dann noch etwas mehr mit der Academy und ihren hölzernen Gebräuchen spielen. Die Oscars, das wurde gestern Nacht klar, brauchen nicht nur frisches Blut bei der Moderation, sondern auch beim Ablaufplan. Sie scheinen aber auf dem richtigen Weg zu sein.

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