Specials: GENRE-AUSREIßER oder: Was? Der hat das gedreht?! -

Wir präsentieren euch eine kleine Liste von Filmen, die etwas Besonderes sind. Nicht etwa weil sie innovativ wären oder einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, sondern weil sie von Filmemachern inszeniert wurden, von denen man solche Werke nicht erwartet hätte. Es sind Genre-Ausreißer, Filme die oft in der Historie der jeweiligen Regisseure vergessen, bzw. nicht berücksichtigt werden oder für ungläubiges Kopfschütteln sorgen. Frei nach dem Motto: „Was? Der hat sowas gedreht? Hätte ich nicht gedacht.“



Wes Craven macht Musik


Wohl kein anderer Regisseur unserer heutigen Zeit ist so festgelegt auf ein Genre wie Wes Craven. Angefangen mit Pornofilmen drehte er seinen erste zeitlosen Klassiker des Horrors im Jahre 1972 mit dem hochgelobten wie auch mannigfaltig diskutieren, zensierten, verteufelten aber auch gefeierten „The Last House on the Left“, welches das Sub-Genre des Rape & Revenge aus der Taufe hob. Es folgten weitere Horrorfilme, von denen vor allem „Hügel der blutigen Augen“ sich einen Kultstatus erarbeitete. 1984 erschuf Craven dann mit „A Nightmare on Elm Street“ nicht nur den ikonischen Schlitzer Freddy Krüger, sondern auch ein Franchise, welches noch heute bestand hat. In den 1990er galt Wes Craven als nicht mehr salonfähig, bis er sich mit dem Meta-Meisterwerk „Scream“ furios zurückmeldete. Viele glauben, dass Craven die ersten drei „Scream“-Filme in Folge drehte, doch durch den enormen Erfolg der ersten zwei Teile konnte er sich einen lang gehegten Traum erfülle und bei einem Drama Regie führen. 1999 kam dann „Music of the Heart“ in die Kinos, mit niemand geringerem als Meryl Streep in der Hauptrolle. Der sehr sentimentale Film kam weder beim Publikum noch bei der Kritik sonderlich gut an und konnte sich selbst bei vielen Craven-Fans nicht wirklich durchsetzen. Nach diesem Ausflug ins Reich der Tränendrüsen, machte Craven dann das, was er am besten kann: Horrorfilme.




Peter Jackson kämpft für einen vergessenen Filmpionier


Dass Peter Jackson vor der Realisierung der „Herr der Ringe“-Trilogie sich einen Namen mit spritzigen Horrorkomödien gemacht hat, ist wahrlich kein Geheimnis und auch seine Drama „Heavenly  Creatures“ mit Melanie Lynsik (bekannt als Rose aus der Sitcom „Two and a Half Men) und Kate Winslet, die mit dieser Rolle James Camerons Aufmerksamkeit ergatterte und dank ihm und seinem Epos „Titanic“ zum Superstar wurde, ist im allgemeinen Kanon von Jackson Filmographie kein unbekanntes Werk. Ganz anders verhält es sich mit „Forgotten Silver – Kein Oscar für Mr. Kenzie“, einer mittellangen Fake-Doku, die Jackson zusammen mit seinem Freund Costa Botes im Jahre 1995 realisierte. Es geht um den fiktiven Colin McKenzie und die Ungerechtigkeit, dass dieser Filmpionier nie einen Academy Award gewonnen hat. Wer nicht weiß, dass es sich hierbei um eine Lüge handelt, wird vor allem in der ersten Hälfte wirklich alles glauben, was Jackson und Botes hier vorsetzen. Erst später wird es spürbar unglaubwürdig, weil diverse Filmschnipsel zu gestellt wirken. Genau dann verliert „Forgotten Silver“ auch an Fahrt, nicht aber an Leidenschaft und Liebe zum Detail. Eine hübsche Anekdote ist übrigens, dass Jackson dem „Ringe“-Darsteller Sean Astin (Samwise) den Film zeigte und dieser danach Jackson überreden wollte, die Doku größer zu bewerben, um Colin McKenzie endlich den Ruhm zu bescheren, den er verdient hätte.




George A. Romero und Ritter auf zwei Rädern


Wer Zombie sagt, wird irgendwann nicht umher kommen auch den Namen George A. Romero auszusprechen. Der Godfather of the Dead ist für seine Filme rund um Untote und den Verfall der Gesellschaft so bekannt, wie auch beliebt. Dass Romero auch Horrorfilme ohne taumelnde, menschenfleischfressende, verwesende Wiederkehrer inszenierte, ist auch nur ein kleines Geheimnis. Mit „Martin“, „Crazies“ „Der Affe im Menschen“ oder der Verfilmung des Romans „Stark“ von Stephen King, konnte Romero mehr als einmal nicht nur Horrorfans, sondern auch Kritiker wohlwollen stimmen.  Im Jahre 1981, zwischen „Dawn of the Dead“ (1978) und „Creepshow“ (1982), inszenierte Romero den Film „Knightriders“ (nein, hat nix mit David Hasselhoff und K.I.T.T. zu tun) mit Ed Harris in der Hauptrolle. Darin geht es um Schausteller, die als motorisierte Ritter durch Amerika ziehen und Shows veranstalten. Dabei machen ihnen ein bestechlicher Sheriff und ein geldgeiler Veranstalter das Leben schwer. Der Film war kein großer Erfolg, sollte aber für Romero-Fans sicher ein interessanter Zeitvertreib werden, da sich hier viele Darsteller tummeln, mit denen Romero auch seine Zombie-Apokalypsen drehte, z.B. Ken Foree, Tom Savini und Scott H. Reiniger. Ebenfalls nett: ein Cameo von Stephen King zusammen mit seiner Gattin. Ach ja, der Film ist in Deutschland ab 12 Jahren freigegeben, es gibt aber eine wesentlich längere R-Rated-Fassung. Wer dort aber, wie bei Romero üblich, mehr Gewalt erwartet irrt sich. „Knightriders“ ist kein Film mit ausufernden Brutalitäten.




John Carpenter und der Sternenmann

Was ist nur mit John Carpenter los? Früher drehte er Filmklassiker, die noch heute Bestand haben und wohl auch noch in hundert Jahre zitiert und beschwört werden, aber dann war irgendwann die Luft raus. Viele meinen ja, dass Carpenter vor den 1990er Jahren nur Klassiker schuf. Dem ist aber nicht so. Mit der Sci-Fi-Schmonzette „Starman“ von 1984 inszenierte Carpenter einen Film, der zwar ein phantastisches Grundgerüst hatte, der aber mit seinen sonstigen Werken, vor allem mit deren Härtegrad und Pessimismus nicht viel gemeinsam hatte. Hauptdarsteller Jeff Bridges, der für seine Rolle eines Außerirdischen, der die Gestalt des verstorbenen Mannes einer einsamen, jungen Witwe (Karen Allen) annimmt, bekam eine Oscar-Nominierung. Dennoch ist „Starman“ wohl Carpenters unbekanntester Film, weil wohl die wenigsten vom Regisseur solcher illustren Werke wie „Halloween – Die Nacht des Grauens“, „Assault – Anschlag bei Nacht“ oder „Das Ding aus einer anderen Welt“ eine gefühlvolles Drama mit Sci-Fi-Anleihen erwarten.




Jerry Zucker, der Herr der Tränen



Wer kennt die Abkürzung ZAZ? Niemand? Gut, wer kennt den „Die Nackte Kanone“, „Top Secret“ oder „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“? Ja, da klingelt‘s doch. ZAZ ist die Abkürzung für die Macher dieser Filme: Jerry Zucker, Jim Abrahams und David Zucker. Irgendwann gingen sie getrennte Wege. Während Jim Abrahams und David Zucker ihren bevorzugten Genre, den Spoof-Movies, treu blieben und z.B. „Hot Shots“ oder „Scary Movie 3 + 4“ inszenierte (diesmal aber nicht als Team, sondern jeder für sich), drehte Davids Bruder Jerry  gleich zwei Filme, die zwar recht bis überaus bekannt sind, die aber sicher kein Zuschauer mit dem Mann in Verbindung bringen, der u.a. dafür verantwortlich ist, das Leslie Nielsen alias Lt. Frank Drebin die Queen von England „flachlegte“. Mit „Ghost – Nachricht von Sam“ und „Der erste Ritter“ inszenierte Jerry Zucker, also zwei Filme, die vor allem das Herz, die Tränendrüse und den genervten Partner (vornehmlich männlich) reizen, nicht aber das Zwerchfell. Damit feierte er große Erfolge, stieg aber nach „Der erste Ritter“ erst wieder 2001 auf den Regiestuhl und drehte „Rat Race“. Davor und danach war er mehr als Produzent aktiv, u.a. bei Doug Limans Agenten-Drama „Fair Game“ mit Naomi Watts und Sean Penn. Interessant ist es aber, dass Zucker den Tränen treu blieb, egal ob nun das Auge vor Rührugn oder vor Lachen nass wurde.




Oliver Stone und das eiskalte Händchen

Bereits 1974 inszenierte Stone, der später mit kritischen Filmen wie „Platoon“, „Geboren am 4. Juli“ oder „Wall Street“ für Furore sorgte, seinen ersten Film „Seizure“. Es war ein Horrorfilm ohne sonderliche Relevanz und Qualität.  Sieben Jahre später drehte Stone dann den Schocker „Die Hand“ mit Michael Caine in der Rolle eines Comiczeichners, der bei einem Unfall seine Hand verliert, die danach aber scheinbar ein mörderisches Eigenleben entwickelt und gar nicht daran denkt im Bio-Abfall kompostiert zu werden. Trotz ordentlicher Kritiken floppte der Film in den Kinos und beendete Stones Regie-Karriere fürs erste. Nun war er dazu gezwungen irgendwie Geld zu verdienen und übernahm das Script für das Remake des Paul Muni Gangsterfilms „Scarface“,  der 1984 mit Al Pacino und unter der Regie von Brian DePalma erschien. Der Rest ist Filmgeschichte und eröffnete Stone die Chance sich erneut als Regisseur beweisen zu dürfen. Diesmal aber mit Erfolg und über die Jahre  erarbeitete er sich mit seinen kritischen Filmen den Ruf des politischen, provokanten und vor allem streitbaren Regisseurs.




Habt ihr noch einen Genre-Ausreißer? Wenn ja, dann lasst es uns wissen.
Eure Muscheln.

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