Review: CINEMANIA - Obsession: Kino


Fakten:
Cinemania
BRD, USA. 2002. Regie: Angela Christlieb, Stephen Kijak. Mit: Jack Angstreich, Roberta Hill, Bill Heidbreder, Harvey Schwartz, Eric Chadbourne, Richard Aidala, Tia Bonacore, Michael Slipp, David Schwartz u.a. Länge: 79 Minuten. FSK: Freigegeben ohne Altersbeschränkung. Auf DVD erhältlich.


Story:
Sie lieben das Kino nicht nur, sie sind regelrecht süchtig danach. Die Filmemacher Angela Christlieb und Stephen Kijak begleiten den Alltag von fünf New Yorker Cinemaniacs und versuchen zu ergründen, warum sich im Leben dieser Menschen alles ums Kino dreht.




Meinung:
Kino ist toll, doch für Jack, Roberta, Eric, Harvey und Bill ist Kino einfach alles. Bis zu acht Filme schauen sie sich jeden Tag an. Wie sie am effektivsten und schnellsten von Kino zu Kino kommen, wird von ihnen minuziös geplant, denn sie wollen keine Sekunde verpassen. Das ist Liebe! Doch für die fünf New Yorker, die von den Filmemachern Christlieb und Kijak einige Zeit begleitet wurden, ist diese Liebe wahrlich eine Obsession.




Eric auf Kinotour
se Zungen würden sie Freaks nennen, diese Cinemaniacs, doch die Dokumentation schließt sich diesem populistischen Tenor nicht an. Ohne selbst zu kommentieren beobachtet „Cinemania“ und verfällt nicht der Versuchung seine Probanden zu verspotten, dabei wäre dies ein einfache Unterfangen, denn egal ob Messi-Wohnung, ungepflegtes Äußeres oder soziopathischen Verhalten, die Klischees, die man glaubt zu kennen, wenn es um Menschen geht, die ihre Leidenschaft obsessiv ausleben, sind hier mehr als deutlich zu erkennen. Aber die Doku will nicht wissen, wie es sich anfühlt, so am (angeblichen) Rande der Gesellschaft, sondern ist viel mehr daran interessiert zu wissen, was denn nun das große Faszinosum des Kinos ist. Die Antwort ist bei jedem verschieden und bleibt trotz einiger klarer Worte doch immer etwas nebulös. Klar wird aber sehr deutlich, dass es letztlich eine Flucht vor der Realität ist, eine Flucht die jeder der gezeigten Filmliebhaber in Perfektion beherrscht.


Wer glaubt „Cinemania“ würde den Zuschauer teilhaben lassen, am Rausch der Freude, wenn Roberta, Eric oder Harvey einen Film sehen, der irrt. Es ist eine freudlose Dokumentation, denn es geht um eine Sucht, so seltsam wie es auch klingt, so niederschmetternd nüchtern sind die Momente wenn Christlieb und Kijak beobachten wie ihre „Darsteller“ von Kino zu Kino hetzen. Kino, der Stoff aus dem die Träume sind? Für die
Cinemaniacs mehr eine Droge, die sie zum Leben (welches sich hauptsächlich im Dunkeln abspielt) brauchen. „Cinemania“ hört sich vom Inhalt an, wie eine Liebeserklärung und tatsächlich kommt er der Hingebung zum Kino und zum Film sehr nahe, doch durch die Fokussierung auf die Cinemaniacs bleibt ein pessimistischer Unterton zwischen all den Statements und Ehrerbietigen zurück. Die Unschuld der Freude am bewegten Bild versumpft in einer irrwitzigen, fast irrealen Obsession von fünf New Yorkern. Das, was wir lieben, erhält hier auf unaufdringliche Weise eine Schattenseite. Das Schlimmste dabei ist– zumindest für den geneigten Filmfan – nicht das präsentierte Leben von Roberta, Harvey, Eric, Jack und Bill, sondern dass sie zwar von Leidenschaft sprechen, diese aber nicht wirklich spürbar wird. Auch wenn es hart klingt, aber nach einiger Zeit stellt sich das Gefühl ein, einen Junkie zu beobachten. Das Kino wird zur Droge, das Kino wird zu einem Ort der Last und des gesellschaftlichen Elends. Das ist so spannend wie abstoßend.

7
von 10

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