Review: DAS WEISSE BAND - EINE DEUTSCHE KINDERGESCHICHTE - Willkommen auf der Schattenseite



Fakten:
Das weisse Band - Eine deutsche Kindergeschichte
BRD, AUT, F, IT. 2009. Regie und Buch: Michael Haneke. Mit: Christian Friedel, Ulrich Tukur, Burghart Klaußner, Ernst Jacobi, Susanne Lothar, Josef Bierbichler, Steffi Kühnert, Michael Schenk, Theo Trebs, Leonard Proxauf, Marisa Growaldt, Janina Fautz, Sebastian Hülk, Ursina Lardi, Enno Trebs, Leonard Boes, Leonie Benesch, Detlev Buck, Michael Kranz u.a. Länge: 144 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren freigegeben.


Story:
Eichenwald, ein kleines protestantisches Dorf in Norddeutschland, kurz vorm Ausbruch des ersten Weltkriegs. Ein junger Lehrer beginnt seinen Dienst in der Dorfschule. Er wird Zeuge wie sich seltsame Unfälle in der Ortschaft häufen, die immer mehr rituellen Bestrafungen ähneln.
Der Lehrer versucht dies zu hinterfragen, was sich als anstrengende Aufgabe herausstellt
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Meinung:
Michael Haneke gilt seit langem nicht nur als großer Regisseur sondern auch als intelligenter Hinterfrager. In Filmen wie „Funny Games“, „Caché“ oder „Wolfszeit“ hinterfragte Haneke Menschlichkeit, Gewalt und Ideologien. Bei „Das Weisse Band“ konzentriert sich Haneke auf die Frage nach der Ideologie.


Kinder als Untergebene, Erwachsene als Herrscher
„Das Weisse Band“ ist ein schwerer Film, ein richtiger Brocken, aber auch eine überragend geistvolle Erzählung, die in strengen wie klaren, asketischen schwarzweiß Bildern eingefangen wurde. Die Ruhe dieser Bilder ist dabei nur augenscheinlich. Überall brodelt es. Ein böser Schatten liegt über dem Dorf und seinen Bürgern und als Zuschauer spürt man dies zu jeder Sekunde. Ja, er hat fast schon Thrillerqualitäten, man sollte aber nicht erwarten dass Haneke einen Genrefilm mit „Das Weisse Band“ geschaffen hat. Wer glaubt hier wirklich einen Thriller zu sehen, wird enttäuscht, genauso wie der Zuschauer der hofft dass es bei der Erzählung in irgendeiner Form größere Ausbrüche gibt. „Das Weiße Band“ bleibt immer nüchtern und erhöht so seine innere, unsichtbare Spannung auf ein Maximum. Regisseur Michael Haneke, der zu Recht mit Filmpreisen für „Das Weiße Band“ überhäuft wurde, erzählt die Geschichte sehr gekonnt. Zwar gibt es klare Hauptfiguren wie etwa den Lehrer oder der Pastor, aber im Zentrum stehen klar die seltsamen wie erschreckenden Ereignisse, die wegen der sachlichen und unterkühlten Atmosphäre noch mehr an Kraft gewinnen. Die Ereignisse sind dabei weniger der Schlüssel als vielmehr der Motor. Selbst die scheinbar unwichtigsten Ereignisse wurden von Haneke in fast schon sachliche Bilder verwandelt. Es ist diese brutale, emotionslose, Sachlichkeit, die hier die größte Wirkung hat. Mit „größte Wirkung“ ist der Nachhall dieser Szenen gemeint. Haneke ist einfach ein Großmeister, wenn es darum geht Drastik, expressives Unrecht wie menschliche Kälte in suggestive, intelligente Szenen einzubauen. Allein dies würde aus „Das Weiße Band“ einen anspruchsvollen, cineastischen Hochgenuss machen.


„Das Weisse Band“ ist ein Meisterwerk. Kein einfacher Film für den schnellen Filmgenuss, obwohl das Werk ganz klar ein Genuss ist, aber nun mal keines was man schnell über seine Sehnerven gleiten lässt. Hanekes Werk setzt sich im Gedächtnis fest. Er stellt Fragen und verweigert die Antworten, denn die muss jeder Zuschauer selber geben. Ob der Film nun also eine Kritik an den Faschismus, an den Protestantismus oder „nur“ eine Parabel über die Schattenseiten der Menschlichkeit ist, soll jeder für sich entscheiden. Eines ist aber schon auffällig. Die Kinder, die im Dorf kurz vorm Ausbruch des ersten Weltkrieges leben, wurden seit ihrer Geburt auf Gehorsamkeit und Demut getrimmt. Sie werden diese Erziehung ihr Leben land beibehalten und gut zwanzig Jahre nach den Ereignissen in ihrem Heimatdorf den Nationalsoziallisten treu ihre Dienste anbieten. Ob dies eine Universalerklärung für den späteren Faschismus sein soll, sei dahin gestellt, aber diese Aussage macht auf alle Fälle Sinn.

10 von 10


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